Vielen Dank für Deinen Beitrag! Gerade für mich ein sehr wichtiges Thema.

Ich kopiere mal die letzte Konversation aus meinem Thread hier rein.

Zitat von Relicario_Azores im Beitrag RE: Mein Weg mit Relicario in die Working Equitation oder die Liebe zu einer Reitweise die mich nach 30 Jahren reiten wirklich neugierig machte

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Zitat von Corazon Espinado im Beitrag RE: Mein Weg mit Relicario in die Working Equitation oder die Liebe zu einer Reitweise die mich nach 30 Jahren reiten wirklich neugierig machte

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Papiolio-Niger: Meist kann man einen älteren Hengst auch nach der Kastration nicht "einfach in die Herde" schmeißen. Auch haben sie meist mit den Nachwirkungen weitaus stärker zu kämpfen, wenn sie älter sind und der Körper damit an den Hormonstatus gewöhnt ist. Nicht umsonst gilt das Alter von ca. 3 Jahren normalerweise als gute "Obergrenze", weil sie dann schon einigermaßen entwickelt sind und nicht zu eunuchoid/stutig werden, aber eben noch nicht alles seit Jahren auf den Hengststatus eingespielt ist. Sie legen dann auch eher erlernte (also nicht hormonell bedingte) hengstige Verhaltensweisen ab als ein älterer Hengst.

Und: artgerecht ist so gut wie keine Haltung hierzulande. Schon gar nicht für einen Wallach, der ja per se nicht artgerecht sein kann, da er von der Natur gar nicht vorgesehen ist. Es sind alles nur Kompromisse, je nach Geld, Bequemlichkeit und Platzangebot, und so einen Kompromiss kann man mit einem Hengst genauso finden wie mit einem Wallach oder einer Stute. Bei Spaniern ist oft die Haltung eines Wallachs übrigens letztlich sogar schwieriger als die eines Hengstes, weil Wallache ohnehin schon zum Fettansatz neigen, was dann durch die oft ausgeprägte Leichtfuttrigkeit der Spanier plus den Wegfall des Spiel- und Bewegungsdrangs zu einem richtig großen Problem wird.

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Danke für Deinen Beitrag - ich habe ähnliche Gedanken von den Hengsthaltern bei uns im Stall erläutert bekommen. Wie ich eingehend sagte, es ist ein stark kontroverses Thema und ich biete ihm wirklich viel - auch wenn das sicher immer noch besser ginge! Ich versuche hier ja auch für mich den besten Weg zu finden. Ein Hengst war nie geplant - aber wo die Liebe hinfällt und er ist wirklich nicht schwer zu händeln wenn er mal "ausfährt" (bisher - auch das kann sich ja noch ändern wenn er in der neuen Umgebung mehr Selbstbewusstsein entwickelt).

Natürlich hat er nicht seine Stuten und Youngster um sich, natürlich hat er keine Herde aber wir sind gerade mal dabei ihn kennenzulernen und abzuwägen was für ihn das Beste ist.

Ich mache viel Dominanztraining am Boden mit meinem Trainer (hat nur Hengste), das kannte er bisher nicht - sicherlich wurde er gut ausgebildet - geritten und ist sozial in einer Hengstherde (das war mir wichtig) aufgewachsen aber im Gestüt ging es doch mehr darum das er schön aussieht und reiterlich "funktioniert". Ihm wurden sogar die Härchen an den Nüstern rasiert. Den Tatssinn lernt er auch jetzt erst mal wieder kennen..

... eine Bindung zum Menschen? Hatte er so sicher auch noch nicht wie ich es gerade versuche aufzubauen. Ich bin jeden Tag draussen - er ist 6 Stunden auf der Koppel, geht morgens zuvor in die Führmaschine, gegen Nachmittag komme ich. Er hat direkten Kontakt zu anderen Pferden und er macht einen guten Eindruck. Sieht zufrieden aus, wälzt sich gerne, steht entspannt und rennt nicht hin und her. Er hat keinen Stress und ich baue ja auf Bodenarbeit auf.

Ich habe viel zu lernen durch ihn und er auch durch mich und ich habe erfahrene Hengstmenschen um mich. Am 20.11 kommt der TA und dann spreche ich mit ihm auch mal darüber. Unser Paint-Horse (reitet mein Partnter) ist nach dem Legen lassen mit 5 ganz anders geworden, das schreckt mich wirklich etwas ab, man könnte schon fast meinen "ihm fehlt der Lebensmut" und wir bauen nun nach 8 Wochen legen lassen für ihn ein Programm auf was ihm wieder Freude macht etc. Vergesellschaften geht da übrigens so gar nicht momentan. Da hatte er vorher irgendwie mehr Freude in sich aber das ist auch eine imense Veränderung was so ein Pferd dann durchmacht.... Und er war extrem hengstig - da ging wirklich nichts außer "Glöckchen ab".

Ich kann hier alle Aussagen nachvollziehen - ich bin da wirklich extrem hin und hergerissen..

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Ich glaube so richtig optimal läuft die artgerechte Hengsthaltung nur, wenn man seine Pferde in Eigenregie hält, viel Platz hat und die Herde überlegt und vernünftig zusammenstellen kann.
Mein Hengst ist 12 und lebt schon immer in einer Herde. Am liebsten ist er unter Ponys, dunkle Grosspferde können wir nicht dazu stellen (das ist 2x schief gegangen). Fohlen/Jungpferde können jederzeit dazu.

Ich hatte übrigens auch einen Hengst, 4jährig gelegt, der immense Probleme nach der Kastration hatte und sich charakterlich so verändert hat, dass er nicht mehr "mein Pferd" war und ich mich letztendlich von ihm getrennt habe.

Aktuell kommen auch beim jetzigen Hengst immer wieder Gedanken zur Kastration auf, weil wir dann keine getrennten Herden haben müssten und er mit den Stuten laufen könnte. Ich traue mich aber nicht :-/

Zitat von Castellano im Beitrag #4

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Ich hatte übrigens auch einen Hengst, 4jährig gelegt, der immense Probleme nach der Kastration hatte und sich charakterlich so verändert hat, dass er nicht mehr "mein Pferd" war und ich mich letztendlich von ihm getrennt habe.

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Mein Wallach hat auch durch die Kastration extrem gelitten und ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Der war aber auch schon 5 und das ist eben nicht so ohne. Er hat dann in der Folge EMS bekommen, außerdem ist ihm jede Lebensfreude abhanden gekommen. Er steht eigentlich nur noch rum und würde ständig nur fressen, wenn er dürfte - darf er aber wegen dem EMS nicht. Das ist aber natürlich nicht bei allen so.

Andererseits muss man sich auch mal vor Augen halten, dass eine Kastration eine Amputation ist und noch dazu eines Körperteils, das extreme Auswirkungen auf Körper und Psyche des Pferdes hat. Das ist nicht nur ein kleiner Schnippschnappeingriff, den man halt als verantwortungsbewusster Pferdebesitzer schnell mal macht und dann ist alles super. Dem Pferd geht dabei auch nicht nur ein bisschen Hals, Mähne und "Feuer" verloren, sondern ein großer, wichtiger Teil seiner Persönlichkeit. Das sollte man sich schon sehr reiflich überlegen, zumal wie gesagt bei einem älteren Hengst keineswegs gesagt ist, dass der dann hinterher problemlos(er) zu vergesellschaften wäre.

Mal die nackten Fakten: die Folgen einer Kastration sind, neben dem erwünschten Nachlassen des Geschlechtstriebs, eine Verlangsamung des Stoffwechsels, dadurch bedingt (oft) ein gewisses Phlegma, Gewichtszunahme, Neigung zu Stoffwechselerkrankungen (Menschliche Eunuchen starben früher fast alle an Diabetes!), Veränderung des Haarkleids (Winterfell wird länger, Haarstruktur grober und rauer, Mähne und Schweif werden dünner. Der Muskelaufbau lässt nach, außerdem verliert sich oft die durch das Testosteron bedingte Furchtlosigkeit, das Pferd wird unsicherer, "guckiger" und ist nicht mehr so unabhängig von der Herde (mehr wie eine Stute als wie ein Hengst, der ja eher den Beobachter/Wächterposten innehat und selten IN der Herde ist). Dazu kommt natürlich das übliche OP-Risiko sowie die Gefahr von Samenstrangfisteln etc.

Praktischer ist so ein Wallach natürlich meist schon. Wenn es ganz blöd läuft, aber auch nicht - dann hat man schlimmstenfalls einen unverträglichen, deckenden Wallach, der dann doch einzeln stehen muss und zudem nicht pensionsstallkompatibel ist, weil er von normalen Portionen/Weide platzt.

Da eben die nicht vorhandenen Vorteile eines Hengstes angesprochen wurden, ich finde, da gibt es schon einige. Allen voran das Äppeln auf einen Haufen - was das allein an Lebenszeit spart, wenn man keine Koppel abäppeln muss und zum Stall misten 2 Minuten braucht! Ein Traum. Dank nicht vorhandenem Winterfell keine Probleme mit Schwitzen, Nachschwitzen, Decken etc.. Pferd ist immer im Lack dank "Lotus-Effekt" mit tollem Metallic-Glanz. Muskelaufbau ist wesentlich einfacher, Pferd bewegt sich von selbst gern und viel, kann daher ganztägig auf die Weide, ohne fett zu werden. Pferd klebt nicht, hat vor fast nichts Angst und hat kein Problem damit, auch mal allein zu bleiben. Und es ist vor allem noch im Originalzustand. Der ja seinen Sinn hat und auch völlig in Ordnung ist.

Also meiner ist ja auch erst sechsjährig gelegt (da kannte ich ihn noch nicht). Jetzt ist er 12 und ich Frage mich oft, ob man ihm nicht bzgl des Sozialverhaltens einen Gefallen getan hätte, hätte man ihn früher gelegt. Er ist zwar zum Glück nicht in dem Sinne 'hengstig', deckt also nicht o.ä., aber er ist einfach extrem dominant und erhebt auch Besitzansprüche auf 'seine' Stuten. Er hat einen extrem kurzen Geduldsfaden und wenn andere Pferde nicht sofort spuren, gibts einen auf die Mütze. Da ich ihm gerne ein Leben im Offenstall und Gruppenhaltung gönnen möchte, macht es das nicht gerade einfach. Menschen gegenüber ist er dagegen ein absolutes Lamm, teilweise schon fast unterwürfig.

Ich habe aber auch Hengste kennen gelernt, die gefühlt gar keine sind. So die beiden meines früheren Stallbesitzers - spillerige Kerlchen, denen man den Hengst wirklich nicht ansah. Hat er zum 'Fohlen produzieren' mit seinen Stuten genutzt. Die beiden konnten sogar in der Decksaison, mit Stuten in Hör- und Reichweite, zusammen auf der Weide stehen!

Kann es sein, dass heutzutage die Hengste einfach viel zu spät kastriert werden?
Diese hier beschriebenen Szenarien sind mir völlig fremd.
In den vergangenen Jahrzehnten waren etwa die Hälfte der Pferde in Reitställen Wallache. Eher mehr Wallache als Stuten.
Die benahmen sich unauffällig und hatten keine gesundheitlichen Probleme.
Da wurde aber schon der Jährling entmannt, spätestens der 2,5 jährige, der nicht gekört wurde.

Ich halte es auch für am günstigsten, wenn ein Pferd mit ca. 2,5 Jahren kastriert wird. In diesem Alter wird ja im Allgemeinen die Zuchtauslese getroffen und für ein ausgeschiedenes Exemplar ist es noch nicht zu spät, kastriert zu werden. Ich habe noch nie solche Probleme wie die von Corazon Espinado beschriebenen beobachtet, aber sicherlich gibt es auch Extremfälle, die mit zunehmendem Alter vermutlich wahrscheinlicher werden.

Ich glaube, da spielen einfach viele Emotionen des Halters mit. 98 % der Hengste werden kastriert und es gibt danach nur bei wenigen Probleme. Daß es immer wieder Ausnahmen gibt ist schon klar. Aber nicht jedes Pferd verliert an Ausstrahlung auch wenn sich das Wesen sehr wohl ändern kann.
Ich hatte ja selbst 2 Hengste, einer wurde 2 Wochen nachdem er eingezogen ist, mit knapp 3 Jahren kastriert, weil er einfach total durch den Wind war und es war die beste Entscheidung, sowohl für mich als auch für ihn. Der Andere ist noch immer Hengst und es gab nie Probleme.
Im Gegenzug habe ich einen 19-jährigen Wallach (Pinto-Forrester-Mix), den ich 5-jährig kastriert gekauft habe. Der hat einfach einen an der Klatsche und es ist im Alter nicht besser geworden. Er ist nach wie vor Chef in der Herde und äußerst dominant, was eine Vergesellschaftung auch nicht immer einfach machte. Im Gegensatz dazu akzeptiert mein Hengst jeden Wallach ohne Probleme.
Für mich steht halt immer noch ein halbwegs artgerechtes Leben im Vordergrund, auch wenn das Pferd ein wenig an Feuer verliert. Und dazu gehört halt einfach Koppelgang in der Herde und keine Einzelbox mit Paddock.

Ich möchte den Hengsten ein gewisses besonderes Temperament sicherlich nicht absprechen. Dennoch behaupte ich einfach mal frei weg, dass es nicht zwingend an den Eiern liegen muss, wie sich ein Pferd benimmt, sondern da die eigene Persönlichkeit eine weitaus gewichtigere Rolle spielt.

Serafina: Ein Warmblüter bekommt meist nicht so starke Probleme mit der extremen Verfettung wie die Spanier und Ponyrassen, deshalb fallen die auch nicht so auf. Wobei "hatten keine Probleme" natürlich auch sehr rosarot ist. Gerade die Stoffwechselsachen zeigen sich ja meist erst so ab 15 Jahren und da haben ja leider viele Reitpferde schon "abgedankt" und sind entweder tot oder auf einer Rentnerkoppel, wo das dann schon gar nicht mehr auffällt.

Manojo: Wie gesagt "in der Herde" ist nicht gleich "artgerecht"; so einfach ist es halt nicht. Eine gemischte Herde mit Wallachen und Stuten zB ist so ziemlich das un-artgerechteste, was es gibt. Trotzdem wird es allerorten praktiziert, mit durchwachsenen Ergebnissen und meist noch auf viel zu engem Raum.

Ob ein Pferd an "Feuer" verliert, wäre mir jetzt auch nicht so wichtig, ebenso wie Mähne, dicker Hals etc. - wenn es aber Lebensfreude, Selbstvertrauen oder gar ein Stück Identität verliert, finde ich das schon einen sehr starken Eingriff in sein Wesen. "Ausstrahlung" ist ja ein sehr dehbarer Begriff, da spielt das ja alles mit rein.

Nun, dann möchte ich auch unsere Erfahrung vortragen, denn sie offensichtlich gänzlich anders verlaufen ist als Eure und deutlich weniger "dramatisch"

Wir haben unser Spanier mit 7 kastrieren lassen, damals einzig und allein, weil wir keinen geeigneten Stall für uns mit einem Hengst fanden und ich wage mal zu behaupten, dass er bis heute dankbar dafür ist! Gelitten durch den Eingriff hat er genau null, ganz am Gegenteil, denn er war als Hengst sehr ängstlich, dies schlug ot in Panik um und dies hat sich mit der Kastration deutlich reguliert und weitgehend gelöst, er hat seitdem deutlich an Lebensfreude, Motivation (bei der Arbeit) und Selbstbewusstsein gewonnen. Auch körperlich konnten wir keine grosse Veränderungen vermelden, einzig seine Mähne ist etwas struppiger geworden (habe ich zumindest den Eindruck) und er hat beim Fellwechsel mehr Schuppen als schon mal (ob das mit der Kastration zu tun hat, bleibt fraglich).

Allerdings vermute ich, dass er kaum gelitten hat, weil er sowohl körperlich als mental stets ein straffes Programm absolviert, bedingt durch seine Hufrollenerkrankung. Er wird seit Befund (kam relativ nah nach der Kastration) mehrmals täglich gearbeitet und läuft weitgehend an "sein Optimum". Das Programm sah/sieht stets so aus: morgens eine Stunde Spaziergang mit seiner Pflegerin, Mittag Laufband oder Aquatrainer (45 Min.) und abends wird meist noch gut eine Stunde gearbeitet, restliche Zeit ist er draussen auf der Weide mit seinen Kumpels. Dadurch kam er nach der Kastration auch nicht zu dem Abbau, die Viele von euch berichten und ist körperlich nahezu unverändert geblieben. Auch mental war/ist er damit gut ausgelastet.

Hätten wir den Braunen behalten, hätte ich ihn ebenso kastrieren lassen sobald er aus dem Beritt zu uns gekommen wären. Er ist superbrav und hochanständig aber sein Geschrei und die Tatsache, dass er gerne aussenweltorientiert ist, gehen mir total auf die Nerven - ich möchte ein Reitpferd und nicht eine hormongeladene Drama-Queen.

Letzendlich sehe ich keinen Grund, einen Hengst zu halten, wenn man nicht züchten möchte. Es würde vermutlich gar die spanische Zucht gut tun, wenn 80% der Hengste zu Wallachen werden würden bei den elenden Fehlstellungen und Gebäudemängeln die die Rasse gerne anbietet....