Das ist doch einen eigenen Beitrag zum Diskutieren wert:
Zitat von jaara2008 im Beitrag Man bekommt immer das Pferd, was man braucht...Diese Grundhaltung des Respektierens und Wertschätzens meine ich nicht. Bzw. die halte ich für selbstverständlich. Als Leitung einer Offenen Ganztagsschule ist das in meinem Berufsleben nicht anders. Ohne Respekt und Wertschätzung ist die Arbeit im Team und die Arbeit mit Kindern nicht sinnvoll möglich.
Wie gesagt, als Grundhaltung, ja klar, ist das essentiell!
Aber mir geht es mehr um das konkrete eigene Handeln. Da sehe ich immer wieder Fragezeichen: Was ist jetzt das Richtige?
Für mich ist "das richtige" immer jene Handlung, auf die ich die in dem Moment gewünschte Reaktion von einem Pferd bekomme. Reagiert das Pferd "falsch", unerwünscht oder zu viel/wenig so liegt das an mir und ich werde versuchen, meine Handlung so anzupassen, daß ich eine gewünschte Reaktion vom Pferd bekomme.
Pferde reagieren ja höchst sensibel und faktisch ununterbrochen auf alles was wir tun, sagen und vor allem mit der (unbewußten) Körpersprache ausdrücken. Die wenigsten Pferde sitzen in ihrer Freizeit in einem Sesselkreis und machen sich groß Gedanken darüber, was sie heute noch erleben werden oder schmieden Pläne, um ihre Reiter in Schwierigkeiten zu bringen - auch wenn sich diese "urban legend" noch in vielen Reitschulen hält und verbreitet wird. Sondern das Pferd reagiert in einem unsichtbaren, lautlosen "Tanz" auf den jeweiligen Partner.
Zeigt der Partner grobe Unsicherheiten oder (aus pferdischer Sicht) Fehlverhalten kann es durchaus sein, daß ein Pferd sozusagen "auf Durchzug stellt" oder selbst die Initiative ergreift, um das Bestmögliche ( aus der Sicht des Pferdes) aus der Situation zu machen.
Andererseits liegt es in der Natur der meisten Pferde, daß sie sich einem ranghöheren Anführer unterordnen und dessen Befehle ausführen, auch wenn die noch so unstimmig oder unsinnig sind. So hat man als Mensch zum Glück einen Bonus, weil das Pferd sehr viele Sachen verzeiht oder zumindest nicht nachtragend ist, nur weil man zufällig einmal eine falsche Handlung setzt. Nur überstrapazieren sollte und darf man dieses "Verzeihen" nicht
Die Antwort kommt beim Tun von den Pferden. Also schaut man, dass sein Handeln weiter dieses positive Feedback erwiedert. Klar ist man nicht immer bei "Wünschdirwas", aber wenn man es nett verpackt und noch den einen, oder anderen Clickerkeks, als positiven Verstärker einbringt, ist eigentlich ein feines Miteinander. Natürlich gibt es auch mal ein Gefühl, dass man hätte fairer sein können, aber ich denke, so lange man es merkt und es versucht zu verbessern, ist doch alles im grünen Bereich. Gibt es da richtig, oder falsch? Wir lernen doch auch ständig aus unserem Verhalten.
"Dominanz ist dummes Zeug. Man muss das Vertrauen der Pferde gewinnen und mit ihnen reden." George Theodorescu (1925-2007)
Ich finde das zwar auch ein recht abstraktes Thema, aber habe mir solche Fragen auch gerade in letzter Zeit öfters gestellt. Mein Jungspund Hermann wird schon bissl anders behandelt als die Jungpferde die ich vor 20 Jahren ausgebildet habe. Aber da ich dabei auch manchmal an Grenzen stoße, frage ich mich auch öfters, ob der Weg der Richtige ist. Sprich, ich diskutiere mehr und strafe weniger... wenn ich aber strafe, dann ist Hermanns Reaktion für mich manchmal (oder oft) schwer nachvollziehbar. Ich drücke mich offenbar immer noch unklar aus. Beispiel: Er läuft als Handpferd oder als zweites Führpferd mit. Erst läuft er brav mit und irgendwann macht er (aus Langeweile?) Blödsinn (Strick ins Maul holen, Seppi beissen, Zweige oder Gras fressen). Ich quittiere es mit einem lauten "NEIN" wenn ich diese Sachen im Ansatz mitkriege. Macht er es trotzdem schnicke ich mit dem Strick nach ihm. Er reisst dann völlig entsetzt den Kopf hoch und bleibt manchmal (beileidigt?) stehen. Wenn wir dann weiter gehen, macht er das nach weniger als 1 Minute wieder und immer weiter. Es scheint kein Lern-Effekt da zu sein! Ich weiß nicht so richtig, was ich machen soll... manchmal ignoriere ich ihn dann auch. Das ist wahrscheinlich falsch, aber ich bin dann sehr genervt und will nicht zu sehr strafen/ungerecht werden. Ich gehe davon aus, dass er wenn ich ihn alleine mit voller Aufmerksamkeit händeln und führen würde und ihm dabei 3-7 mal das "nein" geben würde, dann würde er das auch nachhaltig verstehen und sich daran halten. Mein Eindruck: Er ist bockig weil er die zweite Geige spielt und es ihn langweilt nur nebenher zu laufen. Beschäftigt man sich exclusiv mit ihm, macht er mit und ist wissbegierig und kooperativ. Frech ist er trotzdem... aber ich glaub das ist so ungefähr des Pudels Kern. Vielleicht merkt er ja auch, dass ich ihm gerne anders Aufmerksamkeit schenken würde, oder dass ich lieber mit Seppi alleine unterwegs wäre... und spiegelt mir das … Passt das überhaupt hier rein, in das Thema?
Zitat von Seppe im Beitrag #4 Mein Jungspund Hermann wird schon bissl anders behandelt als die Jungpferde die ich vor 20 Jahren ausgebildet habe. Aber da ich dabei auch manchmal an Grenzen stoße, frage ich mich auch öfters, ob der Weg der Richtige ist.
Ja, die Frage paßt gut hier herein.
Und ich denke, die Antwort gibst Du Dir in dem Moment selber, wenn Du Dich fragst, ob Hermann´s Verhalten für Dich ok ist oder nicht. Wenn Du der Meinung bist, daß sein Verhalten seinem Alter, seiner Unreife und der daraus resultierenden Unkonzentriertheit geschuldet ist und Du kannst damit aber durchaus leben - dann ist der Weg richtig und ok. Auch wenn er Dich in den Moment vielleicht etwas nervt. Aber brav ist er ja trotzdem und er geht mit Seppe als Handpferd ins Gelände - was vermutlich die vergleichbaren 3jährigen Jungpferde vor 20 Jahren ganz sicherlich nicht so gemacht hätten, oder?
Auch ich habe mit Sicherheit vor 20 Jahren ein Pferd ganz anders ausgebildet, als heute. Cuvee ist ja der lebende Beweis dafür Aber ich bin älter und reifer geworden und ich bewerte heute die Dinge oft ganz anders, als noch vor zig Jahren. Ich habe bei gewissen Dingen ganz konkrete Vorstellungen, was ein Pferd zu tun hat und was nicht. Und das fordere ich durchaus konsequent ein.
Zum Beispiel das Stillstehen beim Putzen oder Satteln - oder wenn ich rund ums Pferd herum was tue - unabhängig davon ob es angebunden ist oder nicht. Da kann ich durchaus auch mal laut oder pampig werden und der Pepsi steht inzwischen auch für Aussenstehende auffällig brav und regungslos herum. Sowas ist mir nunmal wichtig und ich habe mir auch schon den Vorwurf gefallen lassen müssen, daß ich mir besser ein Schaukelpferd zulegen sollte, wenn ich ein Pferd haben will, das so ruhig und bewegungslos herumsteht. Andererseits lasse ich dann meine Pferde wieder frei am engeren Stallgelände herumlaufen und freue mich jedes Mal, wenn sie dann von sich aus meine Nähe suchen und gechillt neben mir herumstehen.
Andererseits gebe ich dem Pepsi die Zeit, um sich langsam an die "höheren" Gangarten unterm Reiter heranzuarbeiten - was vor 20 Jahren mit Sicherheit nicht der Fall gewesen wäre. Ich glaube, da hätte der spätestens beim 2. Ritt galoppieren müssen ... und wenn er sich "doof angestellt" hätte, dann hätte ich vermutlich mit der Gerte nachgeholfen oder einem Peitschenführer von unten dazugeholt.
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Was ist jetzt das Richtige?
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05.08.2020 20:47
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