Ist noch jemand kommendes Wochenende in Reken, oder hat vielleicht noch Lust sich anzumelden (es gibt wohl noch freie Zuschauerplätze)

Reken.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

So, ich will mal ein bißchen von dem Seminar berichten.

Insgesamt war es ein schönes Wochenende mit einigen neuen Ideen, Inspirationen und Erkenntnissen (verschiedener Art ).

Die Referenten waren:
Steffi Schade (Tochter von Peter Pfister), die ich bisher noch nie irgendwo gesehen hatte oder kannte.
Stefan Schneider, den ich bereits bei diversen Working Equitation Turnieren vor und hinter den Kulissen erlebt habe. Meine bisherigen (nicht unbedingt positiven) Eindrücke von ihm wurden im Grunde bestätigt.
Uta Gräf, die ich vorher auch noch nie "live" erlebt hatte. Da wurde die positive "Voreinstellung" vollauf bestätigt.
Richard Hinrichs, den ich ja schon viele Jahre immer wieder bei Seminaren gesehen habe und auch 2mal Kurse bei ihm mitgeritten bin.

Steffi zeigte in insgesamt 5 Einheiten die Freiarbeit/Freiheitsdressur. Sie erklärte ziemlich präzise, wie sie die einzelnen Teile erarbeitet und demonstrierte das mit ihrem 7jährigen Lusitanowallach. Raum einnehmen, Raum freigeben, Wegschicken/Heranziehen von Schulter, Mittelhand, Hinterhand. Dann nachmittags die Erarbeitung die Seitengänge (frei), das Folgen in verschiedenen Varianten.
Heute zeigte sie mit ihrem anderen Pferd, einer 17jährigen Freiberger/Lippizanermixstute (eher das "Energiesparmodell) die weiter fortgeschrittene Arbeit auf größere Distanz. Nachmittags dann das freie Reiten.
Und zum Abschluß des Seminars trat sie noch mit einer schönen Nummer auf, wo man das Ganze einfach genießen konnte.
Hat mir insgesamt alles sehr gut gefallen - sehr strukturiert, absolut pro Pferd und mit viel Freude. Gucke gerade, ob sich vielleicht die Gelegenheit für einen Kurs bei ihr ergibt.

Stefan Schneider zeigte zuerst eine Arbeit an der Hand bzw. nachher am Langzügel mit einem 7jährigen Warmblüter, den sie als nicht turniertauglich in den Stall bekommen hatten. Ein bildhübsches, aber eben mega sensibles Pferd mit großen Bewegungspotenzial.
Die Arbeit gefiel mir nicht. Das Pferd war - verständlicherweise - ziemlich angespannt und nervös. Und dann wurden die Ansätze für Piaffe und Passage gezeigt.... , was die Spannung nun nicht gerade herunter fuhr. Und das, was er erzählte, passte nicht zum gezeigten. Und diese "Langzügel" waren 2 (zu) lange Seile, deren Enden dann die halbe Zeit auf dem Boden hinterher schleiften, Arbeit ohne Handschuhe (wo ich nur dachte, wenn diese Seile mal so richtig durch die Finger rutschen, macht das bestimmt ordentlich Aua ) bei einem Pferd, was so drauf ist.
Nachher zeigte er noch sein eines Working Equitation Pferd, einen 20jährigen Lusitanohengst an der Hand am Halfter in Piaffe und Passage (was dieses Pferd zugegebenermaßen super beherrscht).
Heute ritt er mit diesem Hengst dann einige Hindernisse aus der Working Equitation, und erzählte dabei so Etliches, von dem ich dachte "was ein Quatsch". So z.B. daß man in der Working Equitation keinen guten Schritt braucht - ein großer, raumgreifender Schritt wäre sogar hinderlich.... Sein Gereit war nun auch nicht gerade schön anzusehen.
Danach ging er noch mit dem jungen Warmblüter am Langzügel durch den aufgebauten Trailparcours - also nicht durch die Hindernisse, sondern nur so zur Gewöhnung alles mögliche zu zeigen.

Uta Gräf gefiel mir durchgehend richtig gut. Sie ritt zuerst einen Fuchs (von dem ich nicht weiß, wie alt der war) mit tollen Bewegungen, und zeigte einfach so ihre tägliche Arbeit mit ihm. Dabei erzählte sie, was so die Schwächen des Pferdes sind, und wie sie daran arbeitet. Die komplette Einheit durch kommentierte sie immer genau, was sie gerade macht, fühlt, wie das Pferd auf etwas reagiert, wie sie was verändert usw. Fand ich sehr lehrreich und sehr konsequent. Jedes kleine Quentchen an Abweichung von ihrer Vorstellung wurde sofort mit dem Gegenteil korrigiert. Ein kurzes Stocken in der Einleitung des Kurzkehrt z.B. wurde beim nächsten Ansatz durch bereits vorher vermehrtes Vorwärts behoben.
Danach ritt sie noch den Jungen, den Stefan Schneider zuvor vom Boden gezeigt hatte. Das war gleich ein viel schöneres Bild. Auch bei ihr war er nicht frei von Spannung, aber schon viel besser, und wurde durch die Arbeit immer entspannter.
In der heutigen Einheit war der dann richtig gut, viel lockerer als gestern, und sie meinte, so gut wäre der selbst zuhause noch nicht gelaufen. Ein Thema für ihn war noch die Gewöhnung an Applaus, was gestern noch zu heftigem Umherspringen und Fluchtversuchen führte, ließ ihn heute in der 2. Einheit schon völlig kalt.
Den Fuchs zeigte sie heute auch nochmal mehr in den Lektionen, an denen sie gerade arbeiten, wie den Galopp-Pirouetten. Auch dabei wieder genaue Erklärungen, was, wie, warum.
Hat mir richtig gut gefallen - und sie sitzt schon genial auf dem Pferd.

Die große Enttäuschung war leider Richard Hinrichs. Ich habe ihn schon länger etwas kritisch betrachtet, da mir die Bemuskelung seiner Pferde oft nicht gefiel.
Er hatte einen 20jährigen Lusitanohengst dabei, den ich auch schon öfters auf Seminaren gesehen hatte. Der lief durchgängig hinten nicht sauber, und das, was er gestern mit ihm an der hand und am Langzügel zeigte, war absolut nicht schön - hektischer Mischmasch aus allem möglichen, nichts mit klarem, gleichmäßigem Takt usw.
Mit einem Schüler auf einem Lusitanowallach zeigte er noch Arbeit an Piaffe und Passage - war o.k., aber auch nicht soooo überzeugend.
Und heute ritt er den Lusitanohengst. Das war ziemlich gruselig - Sattel und Reiter hingen die ganze Zeit komplett nach rechts (also nicht nur ein kleines Bißchen, sondern wirklich so, daß man dachte, wie kann das Pferd so überhaupt noch geradeaus laufen, und er kippt gleich seitlich vom Pferd...). Die Hilfen für die Wechsel waren alles andere als dezent (vor allem, wenn man vorher dagegen Uta Gräf gesehen hatte), und in den Einerwechseln "schwebte" er dann zeitweise ca. 20 cm über dem Sattel.
Zum Schluß zeigte er noch einen 9jährigen Lippizaner an der Hand, den er gekauft hatte, um ihn als Kaprioleur auszubilden, was auch gelungen war. Der zeigte dann halt die Schulen über der Erde. Ein sehr nettes, hübsches Pferd. Aber auch da wieder fragwürdig: Pferd kam aus der Box (wo er seit dem Morgen als wir gekommen waren, nicht heraus geholt worden war), ging knapp 2 Runden Schritt während Hinrichs das Pferd vorstellte. Und dann wurde direkt piaffiert, mehrere male, bis die Piaffe besser wurde. Danach Passage (naja....nicht sonderlich gut, aber wie auch nach so wenig Vorbereitung ). Und dann halt erst die Pesade, dann Kapriolen.
Fand ich alles sehr enttäuschend.

Danke für den Bericht! Sehr interessant!!

Oh, das hört sich alles jetzt nicht sooo nach einem gelungenen Tag aus, ich war ja auch kurz am überlegen, aber die Karten gab es nur Online und ich war zu langsam.
Von Uta Gräf bin ich immer wenn ich sie gesehen habe, begeistert. Ich war schon auf mehreren Seminaren, wo sie sich auf sehr vielen unterschiedlichen Pferden und Reiter sehr empathisch eingelassen hat und immer, war eine Verbesserung zu sehen.
Von ihrem Mann, tja, da hätte ich mir schon alleine aus dieser Verbindung mit der Gräf dann mehr versprochen.
Hinrichs, er ist schon speziell und hält an verkrusteten Strukturen, sei es positiv oder negativ fest. Ich habe schon sehr schönes Reiten von ihm gesehen, wer weiß, was da los war und der jüngste Kandidat ist er ja auch nicht mehr.

Pfister, also bei ihm mit Sicherheit NIEMALSNICHT, hoffe, die Tochter kann sich von dem Namen und ruf befreien und ihren eigenen Weg finden.

Tja, wie diese Verbindung zwischen Gräf und Schneider (reiterlich) funktioniert, ist mir auch ein Rätsel. Da liegen Welten zwischen.

Bei Hinrichs denke ich auch, daß seine beste Zeit vorbei ist, und er vielleicht besser nicht mehr bei so etwas auftreten sollte. Mit "fein" hatte das absolut nichts zu tun, was man da sah.

Aber es war durchaus trotzdem ein gelungenes Wochenende. Wenn ich ein paar neue Ideen und Anregungen mitnehmen kann, bin ich durchaus zufrieden.

Jetzt habe ich mir auch mal Deinen Bericht durchgelesen. Sehr informativ. Danke!
Vielleicht ist es wirklich so, dass R. Hinrichs altersbedingt die Feinheit und vor allem körperliche Beweglichkeit abhanden kommt.
Ich habe ihn vor vielen Jahren anders erlebt. Allerdings auch da der Spruch "frisch ran an die hohen Lektionen".
Sollte heißen: die Piaffen gerne angehen ehe das Pferd müde geritten ist. Grundsätzlich für mich ok - aber doch nicht ohne warmreiten.
Es ging damals um das Thema, dass viele Reiter die FlWe, Pirouetten, Pi und Pa erst gegen Ende der Arbeitseinheit erarbeiten.

Uta Gräf habe ich bisher auch so erlebt wie Du jetzt: immer fröhlich, informativ, präzise und ein unfassbar toller Sitz.

Danke für den Bericht ! St. Schneider habe ich vor Jahren hinter den Kulissen erlebt (WE Landesturnier wir waren auf der gleichen Wiese übers Wochenende untergebracht) und ich "durfte" live erleben, wie er dort die Pferde für die Prüfungen "vorbereitet". Danke aber nein Danke.

Zitat von Filo2010 im Beitrag #5

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Tja, wie diese Verbindung zwischen Gräf und Schneider (reiterlich) funktioniert, ist mir auch ein Rätsel. Da liegen Welten zwischen.

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Es ist wohl schon so (wie sie Beide erzählten), daß Stephan die jungen Pferde (oder Korrekturpferde) erst an der Hand und Langzügel vorbereitet, und Uta sich erst später draufsetzt.
Bei dem Rappen, den sie dabei hatten, saßen auch zuerst ihre Bereiter/innen drauf, bevor Uta ihn übernommen hat. Die will sich - verständlicherweise - auch nicht die Knochen kaputt machen, ist ja auch schon Ü 50.
Umgekehrt machte es nicht den Anschein, daß Uta auch seine Pferde reiten würde.

@suerte , ja, Hinrichs habe ich früher auch anders erlebt. Allerdings dachte ich bei ihm schon lange, daß dieses Motto "Frisch an die hohe Leistung" auch kritisch zu sehen ist. Denn Kraft und Kondition bekommen die Pferd halt leider nur, wenn sie auch regelmäßig über eine bestimmte Zeitspanne gearbeitet werden. Da ist er glaube ich ziemlich minimalistisch. Bei dem Lippizaner am WE fand ich das schon extrem - nach 2 Runden Schritt (aus der Box heraus, in der er mindestens 4 Stunden gestanden hatte, wahrscheinlich auch viel länger) direkt zu piaffieren.
Vor einigen Jahren war ich auch bei einem Seminar in Reken, wo u.a. Hinrichs und Horst Becker Referenten waren. Becker ist da ja eher das andere Extrem: Er sagt, Pferd und Reiter müssen 20 Minuten am Stück galoppieren können, um die nötige Kraft und Ausdauer für alle Lektionen zu haben. Da prallten schon so etwas die Welten aufeinander. Damals meinte Hinrichs, da müsse er wohl auch mal etwas umdenken...