Da in einem anderen Thread kurz erwähnt, stellt sich mir mal die Frage:
Kennt Ihr Altersstarrsinn bei Pferden/ Ponies? In welcher Form auch immer: Schreckhaftig, Unsicherheit, Bockigkeit, Besonderheiten beim Tagesablauf, Vergesslichkeit?

Ich habe immer mal wieder von Besitzern sehr betagter Einhufer gehört, dass sie irgendwann begonnen haben, wunderlich zu werden.
Selber habe ich noch kein Pferd so lange haben dürfen, dass ich was dazu sagen könnte aber ich würde gerne von Euch Methusalem-Besis lesen,
ob da jemand auch solche Erfahrungen gemacht hat.

Muss mich ja darauf vorbereiten, dass mein "best-ager"-Kuschelpony in dieses gelobte Alter vordringt.

mhh sooo alt sind meine mit Ihren jeweils 21 Jahren noch nicht, aber die ein oder andere Eigenart haben sie schon, ob das allerdings am Alter liegt

Ich bin mir auch sicher, dass es Altersstarrsinn bei Pferden gibt. Wobei, wie küwi schon sagte, einiges sicher auch mit einer engeschränkten Wahrnehmung zusammenhängt.

Und vielleicht auch damit, dass man als Besitzer bei einem Oldie einfach eher mal Fünfe gerade sein lässt und solche Dinge eher als Altersmarotten abtut, als bei einem jungen Pferd?

Der alte Wallach von Whoopis Reitbeteiligung (er wird dieses Jahr 30) zeigt Altersstarrsinn par excellence.
Wenn für ihn alles seinen gewohnten (und von ihm erwünschten) Gang geht, fällt das gar nicht so auf, aber wehe es ist mal etwas anders!
Er stand bis Oktober neben dem Blümchen und hatte beschlossen, dass sie ihm gehört. Wenn er in der Box stand und ich kam auf die unverschämte Idee das Blümchen raus zu holen, fing er an zu schreien. Erst normales Wiehern, dann hysterisches Wiehern und schließlich hysterisches Wiehern mit anschließendem Fauchen wie ein Drache! Obwohl der andere Nachbar neben ihm in der Box stand! Es ging schließlich nicht ums alleine gelassen werden, sondern ums Prinzip!
Sein Frauchen ist bis Mitte letzten Jahres mit ihm ca. drei Mal die Woche in Begleitung ihrer Schwester und seiner Weidepartnerin ausgeritten. Ich habe mich öfters mit Whoopi oder dem Blümchen angeschlossen. Irgendwann ergab es sich, dass er mit seinem Frauchen, Whoopi und mir alleine ins Gelände sollte. Wir haben ca. 500 m geschafft, dann hat er sich umgedreht und ist im Schritt wieder Richtung Stall marschiert. Nur mit viel Überredungskunst konnten wir ihn schließlich dazu bekommen, mit Whoopi weiter zu gehen und er hat sie ein paar mal einfach umgelaufen, weil er die Seite wechseln wollte und sie im Weg war. Sie war schlicht für ihn nicht vorhanden und erst recht keine würdige Ausreitpartnerin!
Er hat es letztes Jahr, als sein Frauchen in Urlaub war, geschafft, das Unterstützungsband zur tiefen Beugesehne zu schrotten, weil er so empört war, dass ihn eine andere Person als gewohnt zur Wiese gebracht hat (Wohlgemerkt zur gleichen Zeit, mit der gewohnten Weidepartnerin auf die gewohnte Wiese) und er daraufhin bei 36 Grad im Schatten wie eine Furie über die knüppelharte Wiese gerast ist: "Mein Frauchen soll kommen! Sofort!"
Die Schwester seines Frauchens und ich hatten dann die glorreiche Idee, das Bein mit Wasser zu kühlen. Von seinem Frauchen bekommt er jeden Tag die Füße gewaschen, im Sommer wird er sogar meistens täglich komplett geduscht, er kennt also Wasser! Wir haben es mit zwei Mann nur unter Aufbringung unserer letzten Kraftreserven geschafft, das Bein zumindest anzufeuchten. Er hat getan, als wollten wir ihn umbringen!
Der Versuch, ihn wie vom Tierarzt verordnet in der Box zu lassen, wurde nach einem Tag abgebrochen und er bekam auf der Wiese ein boxengroßes Stück abgesteckt. Auch dort gab er erst Ruhe, als wir seine Weidepartnerin mit da drauf gesperrt haben! Ich war noch nie so froh, dass eine Besitzerin, deren Pferd ich versorgt habe, aus dem Urlaub zurückkehrte

Zitat von Gambassi im Beitrag #4

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Und vielleicht auch damit, dass man als Besitzer bei einem Oldie einfach eher mal Fünfe gerade sein lässt und solche Dinge eher als Altersmarotten abtut, als bei einem jungen Pferd?

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Zitat von küwi im Beitrag #3

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Eigenheiten und Ticks hat wohl jeder PB und jedes Pferd.... und klar wird das im Alter alles ausgeprägter Girl14]

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Zitat von küwi im Beitrag #7

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krasse Geschichte, Heike!

Allerdings fällt mir da eine Tinkermixstute ein, die wir vor über 15 Jahren im Stall hatten, die sich vergleichbar gebärdet hat. Allerdings war die keine 6 Jahre alt!
Solange Frauchen da war und alles in ihrem Sinne und den gewohnten Bahnen lief, war die total ok und sicher - aber wehe wer anderer griff sie an oder Frauchenmachte mal etwas anders ... dann Gnade demjenigen

Meine Theorie dazu war, daß dieses Pferd als Mensch wohl als "gehandicapte Person mit massiver Lernbehinderung" eingestuft worden wäre

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Zitat von küwi im Beitrag #7

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krasse Geschichte, Heike!

Allerdings fällt mir da eine Tinkermixstute ein, die wir vor über 15 Jahren im Stall hatten, die sich vergleichbar gebärdet hat. Allerdings war die keine 6 Jahre alt!
Solange Frauchen da war und alles in ihrem Sinne und den gewohnten Bahnen lief, war die total ok und sicher - aber wehe wer anderer griff sie an oder Frauchenmachte mal etwas anders ... dann Gnade demjenigen

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Mir gefällt der Begriff "Altersstarrsinn" nicht so recht, wobei ich schon weiß, was ihr meint. Genau wie bei Menschen und Hunden gibt es auch bei Pferden Demenz, die bei dem einen vielleicht einfach nur ein Stirnrunzeln beim Besitzer auslöst und gar nicht recht bemerkt wird. Andere eben haben das ausgeprägter und wenn es schon bei Menschen oft schleichend kommt und oft der Grad nicht genau einzuschätzen ist, kann man das beim Pferd erst recht kaum diagnostizieren.
Starrsinn ist Verweigerung, man setzt es mit mürrisch und übellaunig in Verbindung und ich finde daher diese Bezeichnung nicht ganz fair, weil es eben nicht das trifft, was bei Demenz passiert.

Galeon hahtte nie diese Diagnose, ich habe auch nichts dahingegend unternommen, aber aus meiner Sicht war er dement.
Es fing mit Verhaltensweisen an, die sich zunehmend verfestigten. Ich habe da nichts "durchgehen" lassen, weil es auch nichts "durchzulassen" gab, aber er wurde in vielen Situationen unsicherer und hat ganz eindeutig Symptome von Stress gezeigt, die sich dann auch später in Angst geäußert haben.

Wirklich klar wurde mir es, als er auf eine andere Weide durfte. Er war sehr unsicher, ist nur gelaufen, stand am Tor und hat gar nicht gegrast. Ich dachte erst, dass er sich schon gewöhnen würde, das Ganze endete aber am 3. tag in einer Stresskolik.
Dann wurde er mit fremden Leuten zunehmend unsicherer und wollte sich kaum noch anfassen lassen, danach wollte er am liebsten seine gewohnten Abläufe und reagierte auf Veränderungen sehr unsicher.

Am Ende hatte er auf der Weide keine Ruhe mehr, dann auch in der Box nicht und selbst vor mir Angst. Als er dann einen Menschen angegriffen hat, habe ich einen Schlussstrich ziehen müssen.
Mag es nun eine Demenz gewesen sein oder Tumore, er war nicht mehr er selber und in den letzten 5 Jahren kam immer mehr oben drauf.

Ich glaube nicht, dass man meinem Pferd unterstellen konnte, einfach nur eigensinnig geworden zu sein und mir nicht, dass ich ihm im Alter alles hätte durchgehen lassen.
Zumindest meiner hatte eben immer mehr Probleme, den Alltag zu bewältigen, bekam dadurch Panikattacken und ich fand es wirklich traurig, wie wenige Menschen in der Lage waren, sich in so ein Leben hineinversetzen zu wollen.
Bis ich irgendwann gesagt hatte, dass er, wenn er rennt gefälligst reingeholt werden soll (ein Service, den ich bezahlt habe, weil es mir anders beruflich nicht möglich ist), bekam ich zur Antwort, dass ich ihm den Spaß nehme, der wäre so schön gerannt. In Wirklichkeit war ich dreimal angekommen und habe mein Pferd wiehernd und im vollen Galopp immer wieder zum Tor rennen sehen, klatschnass und kreuzlahm.

Will sagen: Bitte redet nicht so leichtweg von Altersstarrsinn oder inkonsequenten Besitzern oder regt euch gar über die Tiere auf, sondern beobachtet mal genau, ob so manche Verhaltensweise nicht auch andere Gründe haben könnte, die so gar nicht lustig ist und unter denen besonders das Tier selber sehr leidet.

Danke Anni, das ist ein sehr wichtiger Ansatz!

Bei Maggie konnten wir eine gewisse "Altersbequemlichkeit" beobachten, kleine Runden haben ausgereicht. Wenn sie der Meinung war, daß es reicht, hat sie einfach kehrt gemacht und ist in Richtung Heimat (oder auch Hotel) abgewackelt. Überzeugungsarbeit? Zwecklos...
Mit Verschlechterung der Sehkraft wurde sie noch anhänglicher. Ansonsten war sie ein zufriedener, in sich ruhender alter Hund.

Demenz, wie Du sie beschreibst, ist da eine ganz andere Hausnummer und purer Streß für das Tier. Puh, schwere Entscheidung, da einen Punkt zu bestimmen, ab dem es zu viel ist.
Meine Mutter war am Schluß schwerst dement, sie hatte immer gesagt "Wenn ich so werde wie Gret/meine Oma, dann nimm ein Kopfkissen....". Sie wollte nicht so leben. Aber das ist ein anderes Thema.

Wie Andrea schon sagte, glaube ich auch, daß den meisten schon klar ist, daß Demenz nicht mit der Überschrift gemeint ist.

LG
Ameli

Mensch Anni, das muss ja wirklich (zumindest anfangs) sehr schwer einzuschätzen gewesen sein. Und - ja - das ist nicht lustig und eindeutig ein Krankheitsbild, welches in letzter Instanz nur zu einer Konsequenz führen kann. Es tut mir weh, wenn ich mir vorstelle, wie es Dir damals weh getan haben muss, das geliebte Tier so "verschwinden" zu sehen.

Auch ich habe ja bereits einige Pferde in ihrem LebensAbend begleitet.
Einen dieser Senioren hatte ich bis zum 34. und damit letzten Jahr bei mir am Hof .
Bei seiner ehemaligen Pflegerin (also als Turnierpferd, in jungen Jahren) galt er als "Sturkopf" und sie hätte ihn später sicherlich auch als "altersstarrsinnig" bezeichnet - mit negativem Beigeschmack. Ich hielt ihn von Anfang an nicht für stur, sondern darauf bedacht, "höflich" behandelt zu werden. Als er älter wurde verlor er zusehends Seh- und Hörvermögen, so dass er mich selbst rufend und mit lautem Klopfen auf den FutterEimer erst wahrnahm/sah, wenn ich bis auf ca. 25 Meter auf ihn zugegangen war. Er hatte einen mittleren Rang in der (über die Jahre wechselnden) Herde und hielt sich aus allen Streitigkeiten raus, war aber Freund mit wirklich jedem anderen Herdenmitglied. Einen ständig sich wiederholenden Ablauf gibt/gab es bei mir nicht. Und so gab es auch kein "starres Bestehen" auf eine gewisse Reihenfolge/Einhaltung des "Protokolls" . Je älter der Gute wurde, desto mehr bestand er darauf "höflich" gebeten zu werden, wenn etwas zu tun war. Wollte ihne z.B. jemand "eben schnell aufhalftern und in die Box stellen zum Fressen" so ging das garantiert in die Hose und er wurde "stur" bis zur kompletten Verweigerung, sich auch nur zu rühren - nahm man sich aber die Zeit, ihn "bewusst" und "wertschätzend" aufzuhalftern und sorgfältig zu führen, so gab es keine Probleme. Ich denke, bei diesem Pferd gab es ausser nachlassenden Sinnen einfach ein lebenserfahrenes Selbstbewusstsein, welches "unangebrachte" Behandlung einfach nicht (mehr) duldete.

Dori (fast 27) hat die Eigenart, wenn sie sich wälzt oder mal fällt einfach liegen zu bleiben. Sie hebt dann den Kopf und lässt sich wieder fallen. Wenn dann jemand kommt und helfen will macht sie die Augen zu und meint „ich sterbe jetzt“ da kann gezogen geschoben, geschimpft oder mit der Gerte gehauen werden. Ich brauche aber nur von weitem rufen „Dori steh auf!“ und schwups steht sie.

@Annie - ich meinte wirklich nicht eine bewusste Bockigkeit, sondern tatsächlich sowas wie Demenz oder anders begründete
Verhaltensänderungen im Alter. Der Grund dafür kann ja durchaus unterschiedlich sein. Da mag der Begriff Starrsinn,
wie er ja im Volksmund gebräuchlich ist, nicht optimal sein.
Ich finde es sehr interessant, welch teils sehr unterschiedliche Geschichten doch zu diesem Thema zusammen kommen.