Schnell wie ein Sausewind

Könnt Ihr Euch noch an die Zeiten der ersten Handys erinnern, die so groß waren wie ein Safari Walkie Talkie und eine Antenne hatten, so lang wie ein Lineal? Meine Reittouren mit den Gästen wurden immer länger und mir schien die Anschaffung eines solchen sehr notwendig. Aus Sicherheitsgründen, man könnte mal ein Eisen verlieren, oder einem Gast würde es nicht gut gehen, oder einem Pferd passiert etwas unterwegs. Also kaufte ich mir ein solch praktisches Teil. Äußerst blödsinnig ist es allerdings, wenn man es in den Satteltaschen verstaut. Warum? Das will ich Euch erzählen. Wir waren wieder mal auf großer Tour, Rociero und ich führten die Gruppe mit drei weiteren Reitern an. Die Pferde schnaubten zufrieden vor sich hin, die Stille war unglaublich schön. Ab und dann zickte Carinosa in Richtung Veronica, die hinter der Gruppe herzuckelte, wie immer in ihrem gemächlichen “Kommt nicht heute, kommt vielleicht morgen“ Tempo. Wir durchstreiften wunderschönes wildes Gelände, ausgetrocknete Flussbetten und kamen schließlich nach einem anstrengenden Anstieg hoch oben auf einem Bergkamm der Sierra de Alhamilla an. Von dort aus hatten wir einen herrlichen Blick auf das einsam gelegene Dorf Tabernas und die umliegende, endlose Weite der Steinwüste. Ich beschloss vor dem Abstieg eine Rast einzulegen. Die Pferde waren geschwitzt und konnten eine Pause sicher gut brauchen. Meine Gäste waren so begeistert von der Schönheit der Landschaft, das sie unbedingt Fotos machen wollten. Sie wollten zunächst auf den Pferden sitzen bleiben dazu, also machte ich die Bilder. Rociero und ich waren ein eingeschworenes Team und wir empfanden eine große Zuneigung zueinander, so dass es mit ihm schwierig wurde, die gewünschten Bilder zu machen. Immer wenn ich auf den Auslöser drückte, forderte er meine Aufmerksamkeit und stupste mich an Dadurch verwackelte ich alle Fotos. Kurz und gut, ich ließ die Zügel los, und war mir ganz sicher, dass er stehen bleiben würde. Ich entfernte mich etwa 2 Meter von ihm, und begann erneut, Fotos zu schießen. Währenddessen entfernte sich Rociero langsam und ruhig, und somit unbemerkt von mir. Meine Gäste dachten, das Ross würde schon bei uns bleiben, und machten mich deshalb nicht auf diesen Umstand aufmerksam. Als er etwa 10 Meter von uns entfernt war, fiel mir auf, dass diese Distanz eindeutig zu weit war. Ich rief ihn zu mir, normalerweise war er sehr anhänglich, hörte, wenn ich ihn rief. Aber dieses Mal nicht; die Freiheit lockte zu sehr. Er warf mir einen beinahe abschätzenden Blick zu, als würde er nachdenken, was mache ich? Geh ich wieder zurück, oder guck ich mal, ob es hier irgendwo mehr Spaß geben könnte? Ich wurde unsicher, er würde sich doch wohl nicht aus dem Staub machen und mich hier auf dem Berg stehen lassen? Aber genau das hatte er wohl beschlossen. So schnell gucken konnten wir gar nicht, da war er auch schon weg. Wild buckelte er um sich herum, die Satteltaschen hüpften auf und ab und aus seinem Allerwertesten schossen Freudenpupse. Und in den Satteltaschen war: mein Handy. Modell Safari, das man immer bei sich tragen sollte. Was das bedeuten soll, weiß ich nun. Seit diesem Tag trage ich es immer in meiner Reithosentasche. Einer meiner Reitgäste reagierte sofort, und schoss hinter Rossi her. Im vorbei galoppieren rief er mir nur noch zu: „Ich hole ihn ein, ganz sicher“, und weg war er. Er ritt mit Carinosa davon. Veronica und Ladie waren die Ruhe selbst, sie machten keine Anstalten auch nur irgendwie hinterher zu wollen. Ich war völlig verzweifelt, panische Bilder schossen mir in den Kopf, Pferd rennt ins Dorf, über die Strasse, der Lastwagen mit den Gasflaschen kommt gerade vorbei, will dem Pferd ausweichen, rast in die Tankstelle, und das ganze Dorf Tabernas würde explodieren. Ich neige dazu, mir die dramatischsten Sachen zusammen zu spinnen in solchen Situationen. Also sputete ich zu Fuß hinter meinem blitzschnellen Ross her. Wie König Richard, der auch sein Pferd verloren hatte. Meine Gäste stiegen auf ihre Pferde und trotteten mir nach, hatten mich aber rasch eingeholt. Klar, so ein Vierbeiner ist schneller als ich mit nur zweien. Nach 4 km Fußmarsch machte sich an meiner Ferse eine dicke Blase breit, denn meine Farmerstiefel waren noch relativ neu. Höllisch brannte die Ferse, als die Blase aufging. Aber egal, weiter im gestreckten Galopp. Erschöpft kam ich im Dorf an und betrat einen Schreinerbetrieb, um dort telefonieren zu können. Da ich davon ausging, das Rossi den Weg zum Stall finden würde, musste ich meine Praktikantin warnen. Sie sollte die Hengste von den Koppeln in die Boxen bringen, damit sie nicht durchdrehen würden, wenn der Sausewind anraste. Und jemand musste mit dem Auto los, um Rossi aufzuspüren, falls er nicht den Weg Richtung heimatlichen Stall wählen würde. Rasch bedankte ich mich beim Schreiner, dass ich telefonieren durfte. Dann sputete ich wieder los, auf der Suche nach meinem verlorenen Pferd. Die Gäste ritten brav neben mir her. Sie kannten sich nicht aus, insofern war es besser, sie bei mir zu wissen, als eventuell noch vier weitere Geschöpfe Gottes suchen zu müssen. Kurze Zeit später traf meine Praktikantin mit dem Auto an, lud mich ein, und wir brausten los, auf den Spuren meines kastanienbraunen, heißblütigen und sehr schnellen Rociero. Tausend Sachen gingen mir durch den Kopf, ich hatte große Angst, dass sich das Pferd vielleicht ernsthaft verletzt hatte, denn seine Zügel waren über den Hals gefallen, was ich bei seinem Abgang noch erkennen konnte. Wenn er darin hängen bleiben würde, könnte er sich das Genick brechen. Unterwegs fragte ich die Passanten auf der Strasse, ob sie ein Pferd gesehen hatten. „Oh, ja,“ meinten diese, „und zwar ein sehr Schnelles.“ Man hatte ihn kaum erkennen können, so schnell wäre er an ihnen vorbei gerauscht. Richtung Ortsausgang. Oh Himmel, bitte, dachte ich nur, das lag auf dem Weg zur Nationalstrasse, die recht stark frequentiert war. Also rasch hinterher. Plötzlich entdeckte ich ihn, den Schlingel. In einem Karosseriebaubetrieb stand er angebunden am Zaun, sein Körper war mit schneeweißem Schaum bedeckt von seinem Schweiß, und die Flanken hoben und senkten sich heftig. Mein Zorn auf ihn war sofort dahin geflogen. Ich hoffte, dass er nicht verletzt war. So ging ich hinein, und untersuchte ihn gründlich. Der Chef des Betriebs kam gleich zu mir und erklärte, dass seine Mitarbeiter ihn eingefangen hatten, als er auf den Hof gebraust war. Und sie hätten ihn sicherheitshalber mal angebunden, denn sicher würde ihn ja jemand suchen. Ich dankte dem Herrn in einem Stoßgebet, drückte dem Meister ein paar Peseten in die Hand, damit die Männer ein Bier trinken gehen konnten zur Belohnung. Danach inspizierte ich meinen Helden. Er war topfit, nur sehr, sehr erschöpft. Ein Zügel war gerissen, der Rest der Ausrüstung war in Ordnung. Ihr könnt Euch nicht vorstellen wie erleichtert ich war. Meine Praktikantin schickte ich mit dem Auto los, damit sie nach den anderen Gästen suchen konnte, um sie sicher heimzubringen. Zwar hatte ich ihnen zuvor den Weg zum Rancho erklärt, aber sicher war sicher. Ich selber stieg auf Rossi, und müde schlürften wir Richtung heimatlichen Stall. Ich konnte leider nicht mehr laufen, sonst hätte ich es ihm erspart, mich tragen zu müssen, nach dieser Anstrengung. Aber meine offene Blase machte ihr einen weiteren Fußmarsch geradezu unmöglich. Eins habe ich gelernt: Niemals wieder werde ich ein Pferd im Gelände ohne Zügel stehen lassen, auch wenn es mich scheinbar noch so liebt. Und Rossi schon mal sowieso nicht. - Diese Geschichte ist aus dem Jahre 1997 und Rociero 8 mein damaliger Tres sangre Wallach - lebt mittlerweile nicht mehr - er bleibt in meinem Herzen unvergessen,

Jaaa, das erinnert mich an eine Begebenheit mit meinem damaligen Freund, jetzt Ehemann, der auch immer gerne Katastrophen beschreibt:
Vorab, es geht um die Schlußszene aus 'Die hard 2', das in Flammen aufgehende Flugzeug

Im Odenwald hingen mitten in der Nacht zwei Gewitter fest und tobten sich über unserem Tal aus. Zwei Dörfer weiter war eine Tankstelle.
Mein 'Held' als Stadtkind hatte gelinde gesagt leichte Panik, rüttelte mich wach mit dem Satz 'und wenn jetzt beim Brunner der Blitz einschlägt?!?' Ich brummte nur 'jippijajei, Schweinebacke' und wollte weiter schlafen.
Er mußte lachen und RUMMMS knallte er aus dem Bett.
Da war ich dann auch richtig wach!

LG
Ameli