Hier in unserer Provinz Almeria haben wir eine einzigartige Wüstenlandschaft vorzuweisen. Das hatte auch in den 60er Jahren der Regisseur Sergio Leone erkannt und ließ seine Italowestern alle hier drehen. Denn in Spanien waren außerdem auch noch die Produktionskosten viel günstiger. Die Landschaft erinnert an das amerikanische Arizona. So haben unsere Pferde schon in so manchen Musikvideoclips mitgemacht, und sind in vielen Modekatalogen zu finden, wenn es darum geht, Westernmode zu präsentieren. Natürlich haben sich die Pferde nicht mit dieser Mode bekleiden müssen, sondern sie waren das Mittel zum Zweck, noch mehr Westernambiente zu vermitteln. So setzten sich beispielsweise die Models auf eines unserer Rösser, mit dem neusten Westernhut bestückt, oder Fransenjacke. Das klingt zunächst einmal alles furchtbar spannend, und wir alle waren anfänglich begeistert ohne Ende, bis wir feststellten, dass so ein Tag am Set doch sehr anstrengend war. Stundenlanges warten, gelangweilte Pferde, zickige und spleenige Models ertragen. Aber nun gut, die Schattenseite erkennt man erst, wenn man so etwas öfters mal mitgemacht hat. Trotz allem sind wir aber natürlich sehr stolz auf unsere Rösser gewesen, die alles mit Bravour geleistet haben. Sie erschreckten sich weder vor den riesigen Lichtreflexleinwänden, die nötig waren, wenn das Wetter mal nicht mitspielte, noch vor dem lauten Knallen der Klappe, wenn die Szene immer und wieder neu gedreht werden musste.
Eines Tages kam eine französische Firma zu uns, sie suchten einen Schimmel, um ihre Models oben drauf ablichten zu können. Wer war da besser geeignet als unsere Ladie? dachten wir und, und so wurde sie dann auch ausgewählt. Ich ritt also mit meiner Süßen, schneeweißen Stute zum Set, den Ort für die Aufnahmen hatte ich dem Team zuvor gezeigt. Schließlich kenne ich die Gegend hier wie meine Westentasche. Ladie hielt tapfer durch, obwohl ich an ihren Augen ablesen konnte, dass sie sich nach einer Stunde begann, tierisch zu langweilen. Den Sattel hatte ich ihr abgenommen, und auf Ladies Rücken turnten immer wieder die Models auf und ab. Eine wieder runter, Einzelaufnahme, ein anderes Model hinter die erste, also zu zweit aufs Pferd. Die Mädel waren mit Bikinis gekleidet, es war die Session für die neue Sommerbademode, und das in der Wüste. Mit Cowboyhüten als Sonnenhüte auf dem Kopf, damit es westernmäßiger aussah. Eines der Model schien mir ziemlich exzentrisch, jedenfalls musste sie immer wieder die erste Geige spielen, und wollte da noch Puder aufs Gesicht haben, und da war noch eine Wimper locker. Oder so ähnlich.
Der Fotoregieleitende Chef wies mich an, die Stute doch einfach loszulassen. Ich hockte zuvor die ganze Zeit neben Ladie, und hielt sie am Zügel fest. Ungern wollte ich sie einfach so stehen lassen, denn ich traute den Mädels nicht wirklich zu, dass sie im Ernstfall die Stute halten könnten. Ich wies ihn auf diese Gefahr hin, erklärte ihm , das Pferde sich auch mal erschrecken könnten, und wenn sie dann einen Satz machen würde, wären die Mädels unten. Aber der Chef lachte nur und meinte, „Ach, lass sie doch einfach los, ist doch brav:“ Gut, dachte ich, wenn er meint. Aber wohl war mir nicht bei dem Gedanken. Warum muss ich immer Recht behalten mit meinen Vorahnungen? Es dauerte nicht lange und Ladie war die ganze Turnerei auf ihr ordentlich leid. Als dann die exzentrische Dame hochgezogen wurde von dem anderen Model, stieß sie Ladie ungeschickt mit einem Fuß in die Flanke. Das war dann zuviel. Ladie holte einmal kräftig aus und mit einem Riesenschwung wurden die beiden Mädels in den Wüstensand katapultiert. Meine schneeweiße Stute sprintet los, bald war sie nur noch ein kleiner weißer Punkt am Horizont, weg war sie. Um Ladie machte ich mir keine großen Sorgen, sie lief Richtung Stall. Natürlich nicht, ohne Freudepupse dabei aus ihrem Hinterteil ertönen zu lassen. Die Models machten mir größere Sorgen, besonders die Exzentrische; sie lag am Boden und hatte anscheinend höllische Schmerzen. Mir war das Ganze sehr peinlich, es tat mir auch furchtbar leid, aber zu Allererst musste ich heimfahren, und sehen ob die Stute gut ankommen würde. Also lieh ich mir ein Auto von der Crew, während diese sich um das verunglückte Model kümmerte. Daheim angekommen stand Ladie schon wie von mir erwartet vor den Boxen der Hengste, und hielt ihnen einladend ihren Popo hin und begann zu rossen. Die Jungs waren mehr als nervös, schnell fing ich sie also ein, und brachte sie in ihre Box. Dann fuhr ich wieder zurück zum Set um zu sehen, wie es um das Model stand. Sie war aber wohl eher erschrocken, als denn wirklich verletzt. Noch mal gut gegangen. Der Chef meinte nur, sie solle sich nicht so anstellen, und das die Fotos eh alle im Kasten wären. Er bedankte sich bei mir, zahlte und ich konnte nach Hause. Ja, manchmal ist die Arbeit am Set anstrengend, auch für Pferde, und ihnen brennen dann auch mal die Nerven durch, wenn ihre Geduld ein Ende hat

Na, das ist ja mal wieder eine Geschichte für's Buch des Lebens ... Danke, dass Du sie uns geschrieben hast!