Mein Pferd hat Mitspracherecht! Das ist für mich selbstverständlich – für viele aber nicht. Und es gibt für beide Einstellungen gute Argumente.
Das ist ein Thema, welches mich nahezu täglich betrifft. Eben weil Jaleoso so viele Entscheidungen selber treffen darf – im Umgang mit mir – nicht mit dem Stallpersonal!
Und da fängt die Krux ja an. Ich denke, dass Jaleoso das nach kurzem antesten unterscheiden kann, wo er was darf. Ich lasse mir gern berichten, wie er im Umgang mit anderen ist.
Aber das geht sicher nicht mit allen Pferden und Charakteren. Da gibt es sicher Büffel, die dann ihre Meinung durchdrücken wollen und Sensibelchen, die die Welt nicht mehr verstehen,
wenn es unterschiedlichen Vorgaben gibt. Ich habe mit Jaleoso „Agrements“ getroffen, wie wir die Zeit miteinander gestalten. Klaro würde er, da ja meist unangebunden in der Stallgasse,
gerne in’s nächstbeste Gras wandern und dort bleiben, bis der Futterwagen an seiner Box vorbei kommt und dann in die Box zurück schlendern … Das geht auch mal aber natürlich nicht immer.
Naja, und so geht’s bei uns immer. Er will im Gelände stehen bleiben und gucken oder mal anders abbiegen als von mir geplant. Und mal lasse ich ihn und mal sagen ich „nö- machen wir jetzt so wie
ich möchte“. Geht eigentlich immer reibungslos. Wobei ich mir nicht sicher bin, wie glücklich er jeweils mit meinen Entscheidungen ist.
Oft lasse ich ihm Freiheiten, die ich vertretbar finde. Er muss ja eh meist das tun, was man ihm vorschreibt. Auf’s Paddock raus – wieder rein in die Box. Fressen, wann und was man ihm gibt.
Unterm Reiter oder an der Hand gehorchen und am besten auch gefallen usw. Halt ein fremdbestimmtes Leben.
Ich versuche, auf seine Bedürfnisse einzugehen und ein möglichst hohes Maß an Zufriedenheit auf beiden Seiten zu erreichen.

So – jetzt habe ich so lange – zwischen Aufträgen – geschrieben, dass Manu vorher fertig wurde.
Und ich sehe, das mache im Prinzip genauso wie sie: Viele Freiräume aber auch viele Regeln.

Zitat von küwi im Beitrag #2

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Ähnlich ist es beim Arbeiten - egal ob beim Reiten oder an der Hand:
Ich habe meistens einen "fixen" Plan im Kopf, was ich an dem einen oder anderen Tag tun möchte.
Merke ich aber dann beim Reinholen oder Putzen schon, dass ein Pferd einen übermäßigen Bewegungsdrang hat, Nervosität ausstrahlt, unruhig herumzappelt oder sich benimmt wie ein Sack voll Flöhe, dann wird an dem Tag eben keine konzentrierte Arbeit gemacht, sondern es darf sich frei bewegen oder wird nach wenigen korrekten, leichten Aufgaben wieder entlassen.
Genauso andersherum - ist das Pferd eindeutig müde oder nicht so gut drauf, dann wird eben mal nicht so viel gemacht.

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Richard darf gerne Dinge anfragen und "Vorschläge machen" - ist gerne gesehen, weil er ja ein eher introvertierter Typ ist und ich fördern möchte, dass er "aus sich herauskommt". Von daher akzeptiere ich auch mal Dinge, die eigentlich an "frech" grenzen. Er lässt sich da immer sehr gut wieder zur Ruhe bringen. Anderen darf man da gar nicht erst den kleinen Finger reichen. Wenn er einfach ohne "Absprache" Dinge durchzusetzen versucht, geht das natürlich nicht. Solange er anfragt, erlaube ich es häufig, solange es sinnvoll in die Einheit passt und nicht irgendwelche anderen Gründe entgegenstehen.

Umgekehrt darf er natürlich durchaus sagen, wenn ihm was nicht passt. Ob ich ihm dann seinen Willen lasse, ist wieder einzelfallabhängig. Er hat eigentlich immer seine Gründe, selten ist er einfach aus Prinzip "dagegen". Manchmal neigt er allerdings dazu, pauschal zu sagen "Ich KANN das nicht!!!" und braucht ein wenig Überzeugung, dass das sehr wohl geht Und dann hat er plötzlich nichts mehr dagegen. Was ich nicht akzeptiere und mich zugegeben auch etwas "fuchsig" macht, ist wenn er mich bzw. meine Hilfen einfach ignoriert. Das gibts nicht Er darf gerne motzen oder nöckelig werden, dann kann man "drüber sprechen". Aber nicht einfach auf Durchzug schalten.

Ich lasse meine Pferden auch eine Meinung. Allerdings eher in der Form, dass ich sie bei der Arbeit gut beobachte, versuche ihre Empfindungen wahrzunehmen und dann überlege was ich daraus mache. Sie dürfen Vorschläge machen und sich ausprobieren, aber in letzter Instanz möchte ich manchmal doch entscheiden dürfen, ob ihre Idee ok ist.
Grundsätzlich nehme ich ihre Meinung/Empfingung eher zur Kenntnis und überlege wie ich ihre Bedürfnisse in mein Training mit einbaue und ggf dafür sorge, dass sie sich mit ihrer Aufgabe besser fühlen
zB ist mein Brauner sehr reaktiv und wenn die Hilfe seiner Ansicht nach zu doll war, bekomme ich recht viel Feedback darüber und nehme mich beim nächsten Mal mehr zurück, erwarte aber auch dass er dann auf die feine Hilfe reagiert.
Genauso nehme ich wahr wenn sie mit etwas zB Stress haben und deshalb "viel Meinung" zeigen und erkläre dann die Aufgabe noch gründlicher.
Meinungen wie sie möchten jetzt im Gelände nach Hause oder sie haben jetzt keine Lust mehr, versuche ich allerdings gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Wenn meine Pferde keine Lust auf etwas haben, dann muss ich mir überlegen, wie ich es anders gestalten kann, damit es Lust hat.
Ansonsten bestehe ich definitiv auf Einhaltung von Regeln: nicht drängeln, nicht schubsen, nicht einfach gehen etc wenn ich es nicht gesagt habe.
Ich sage über meine Pferde immer gerne "Viel Meinung aber wenig Wissen"
Ich merke wenn man auf Befindlichkeiten eingeht, diskutieren sie schon manche Dinge etwas mehr als andere Pferde wo jegliche Empfindung ignoriert wird.

Ich denke, man muß das schon sehr vom Charakter des Pferdes abhängig machen.

Filo ist ja eher der Typ: Gib mir den kleinen Finger, und ich nehme die ganze Hand. Da gucke ich schon, daß ich ziemlich klare Regeln einhalte, die sie dann auch noch oft genug hinterfragt.
Bei so Dingen wie Freiarbeit oder Zirkuslektionen darf sie auch ihre eigenen Ideen einbringen, was dann gerne mal zu einigen Lachern führt. Beim Reiten möchte ich das nicht.
Das Programm, was wir machen, stimme ich aber schon auch immer etwas auf die Tagesform ab.
Lana kann man mehr Freiheiten lassen, da sie nicht so viel und oft hinterfragt, wie Filo. Und da reicht dann auch ein warnendes Heben der Stimme, wenn sie dabei ist Mist zu machen....
Wobei sie allmählich jetzt im Alter vielleicht eine Art "Demenz" entwickelt, und gerne mal Dinge "vergisst".

Ich weiß nicht, ob ich es als "Meinungsäußerung" sehen würde. Ich bin da eher bei @Oljufi.
Wenn ich sehe, dass etwas, das ich eigentlich machen wollte, an dem Tag so überhaupt nicht gehen wird, weil mein Pferd gerade physisch oder psychisch nicht das "abliefern" kann, was ich mir so vorstelle, dann lenke ich durchaus ein.
Entweder mache ich dann von vorne herein etwas anderes oder lasse etwas aus, ansonsten gebe ich mich mit wenig zufrieden.
Das allerdings fordere ich das bisschen dann schon ein.
Gerade im Wachstum letzten Spätsommer hat meine den Galopp an der Longe einfach körperlich nicht geschafft. Wann sieht man das? Klar, wenn man galoppieren lässt.
Sie musste dann ein Mal gescheit auf mein Kommando hören und danach habe ich es eben gar nicht weiter eingefordert.

Grundsätzlich aber gibt es Dinge, da diskutiere ich nicht. Grundgehorsam muss sein und ich will auch nicht zweimal fragen, ob mein Pferd nicht vielleicht stehen möchte.

Heißt nicht, dass sie mir nicht zeigen darf, was sie gerade gerne machen möchte, aber am Ende entscheide ich, ob ich da am Ende mitgehe, oder klar sage, dass ich anderer Meinung bin. Kommt eben darauf an, was Sinn hat und sie hat auch freundlich zu fragen. Anpöbeln lasse ich mich nun auch nicht.

Naja, genau. Das ist dann das Feintuning. Dem Pferd beipulen, dass Fragen ok ist, pöbeln oder körperlich rüpeln nicht!
Und klar, die letztendliche Entscheidung, wieviel Freiraum ich ihm im Umgang mit mir und anderen Menschen lasse, liegt so und so bei mir.
Wenn Jaleoso meine Hilfen bei der Arbeit z.B ignoriert (sei es, dass er keinen Bock hat oder grad sehr mit seinem Umfeld beschäftigt ist), gibt's da schon ein, zwei Aufforderungen
und dann eine deutliche "Hilfe".
Und da wäre meine RL z.B viel schneller bei ner Ansage - nur, dass ich da kaum was von sehe und der Bub trotzdem spurt ... Sie macht das unauffälliger als ich.
Bei ihr gibt's auch beim Putzen keinen Freiraum. Bei mir ist das eher ein Putzen/Kuscheln/Gymnastikspielchen-Vorgang. Aber auch das kann der Bub unterscheiden.
Ich habe ja jetzt meinen 3.Spanier und die waren alle drei gleich knuffig, kommunikativ und unproblematisch.
Bei meinen RB-Pferden aus der "Vorzeit" wäre ich da nicht so sicher ... Alles WBs mit nur mäßiger Erziehung. Da bin ich immer auf Nr. sicher gegangen.;)

Ich lerne auf diesem Gebiet gerade dazu.
Bislang war ich schon wohl eher ziemlich preusisch unterwegs. Der Gaul kann quasi 23 Std am Tag machen was er will und wenn ich dann was mit ihm machen will, machen wir das genau so wie ich das will. Das war mein Motto.
Ich habe aber das Gefühl es ändert sich mit den Jahren, dem Alter, der Anzahl der Pferde.
Nun bin ich zwar nicht in der glücklichen Situation eine Halle oder einen Reitplatz zum Arbeiten zu haben. Das heisst es geht bei mir nicht um die Frage möchten wir heute rechtsrum oder linksrum, oder springen oder Tanzen... was weiß ich...
da ich aber die Pferde am Haus habe geht es um die täglichen Verrichtungen und das ist manchmal nicht minder interessant.
Ich frage die Pferde schon mal ob sie auf die Wiese möchten, oder nicht... und ich fordere Gehorsam bei den täglichen Verrichtungen. Die beiden kommunizieren aber auch sehr deutlich was sie möchten. Futter, oder gekrault werden, oder oder.
Und da gehe ich auch oft drauf ein.
Im Gelände bei unseren Ausflügen bestimme ich aber schon Tempo und Weg. Das ist meistens wichtig, da ich auch mit zwei unterwegs bin und die nicht immer dasselbe wollen
Im Endeffekt bin ich Chef und entscheide. Ich finde den Ausdruck von Suerte mit dem Beipulen aber so sehr schön.
Denn mein Stinker-Tinker ist so ein Sturkopf. der macht einfach was er will... und da ist die Strategie gut, dass man es irgendwie schafft, dass er denkt, es war seine Idee... und das ist echt ne Kunst und für mich derzeit die Herausforderung. Früher hätte ich da eher die Keule ausgepackt und den General-Gehorsam gefordert. Heute bin ich da "demokratischer" unterwegs.
Denn ich achte das Geschöpf Pferd mit seinem Wesen vielleicht anders oder mehr... oder anders als ich eine junge Reitbeteiligung von öfters wechselnden Pferden war.

Wichtig ist für mich bei aller "Demokratie" dass ich im Notfall die Kontrolle habe.
Was ich kritisch finde sind z.B. ehem. Bekannte die von sich selbst behaupteten, dass sie ihrem Pferd den Freiraum über Tempo und Weg usw so sehr überlassen, dass es unmöglich wäre mit ihnen gemeinsam auszureiten. Die Leute hatten auch Stuten und es stand mal im Raum gemeinsame Ritte mit den Hengsten zu machen. Grundsätzlich ist das mit meinem Seppi kein Problem gewesen. Ich war mit anderen "Wochenend-Eiflern" mit drei anderen Pferde mehrfach zusammen ausreiten und da war eine Stute bei und es war kein Thema. Weil wir uns alle an ein paar kleine Regeln gehalten haben. Mit den Reitern" von nebenan, die von sich selbst lachend sagten, sie hätte ihre Stute nicht sicher unter Kontrolle, habe ich da lieber Abstand gehalten.
Das ist für mich falsch verstandener Freiraum, der schwer gefährlich werden kann. Ich bin mir der Verantwortung sehr bewusst, dass ich mehr als 700 kg Fluchttier im Gelände bewege und das sollte schon unter Kontrolle sein.

Ich bin da ja schon länger weichgespült...
Früher der Kadavergehorsam, dann sehr weichgespült und jetzt hoffe ich die Mitte getroffen
zu haben. Wir betreiben Kommunikation auf Augenhöhe und natürlich wird nachjustiert, wenn
es unhöflich wird, was bei Dayo eigentlich nie vorkommt, aber Alvi schon. Daher sind sie Gold
wert, da sie so verschieden sind. Beim reiten sind beide sehr gern dabei, wenn ich Vorschläge
mache, sie zu probieren. Hätte ich nie für möglich gehalten, aber Alvi macht Dayo da schon viel
nach. Im Gelände diskutiert Alvi gerade zu viel das Tempo... Da gibt es jetzt ein Gebiss rein, er
kann es sich verdienen, wieder ohne zu laufen. Bei der Freiarbeit haben sie natürlich vorrangig
Mitsprache, sonst wäre es keine FREIarbeit.
War für mich gewöhnungsbedürftig, aber es ist dadurch ein tolles freundschaftliches Miteinander
geworden.