Wir hatten ja an anderer Stelle schon darüber diskutiert, ob es gefährlicher ist, vom Pferd abzusteigen, wenn die Situation im Sattel brenzlig werden könnte, oder ob es risikoreicher ist, dann trotzdem auf dem Pferd sitzen zu bleiben.

Und weil ich nun kein Ausbildungstagebuch mit off Topic-Beiträgen "entweihen" wollte, dachte ich, dass Ihr Eure Erfahrtungen vielleicht hier mit mir teilen mögt.

Ich schicke auch an dieser Stelle gleich voraus, dass ich jeden bewundere, der sein Pferd an der Hand durch den Wald führt - und das meine ich von ganzem Herzen ehrlich und ernst, denn ich bin ein bekennender "Obenbleiber" und das hat auch seinen Grund. Ich bin nämlich eine Schissbuxe und bei mir läuft neben dem Pferd in brenzligen Situationen auch immer mal wieder das Kopfkino meiner gemachten Erfahrungen an.

So hatte ich einst mal eine Stute mit einem wenige Tage alten Fohlen bei Fuß an der Hand, die sich auch gerade in der Fohlenrosse befand. Im Alter von einer Woche folgen die Fohlen ihren Müttern eigentlich noch problemlos, ohne dass man sie am Halfter führen muss. Dieses freche und sehr selbstbewusste Stutfohlen sah aber keine Not, ihrer Mutter nachzulaufen und besuchte statt dessen die Hengste auf den Weiden. Mit der rossenden Stute hinterher zu laufen, wäre aber unklug gewesen, denn so ein betörter Hengst sieht auch in einem stabilen hohen Zaun kein Hindernis mehr. Bevor ich nun also riskieren wollte, einen verliebten Hengst frei laufend und die Stute deckend einfangen zu müssen, hoffte ich erst mal, dass das Fohlen doch noch ein Einsehen hat und freiwillig zur Mutter zurückkehrt.

Um das zu forcieren, versuchte ich die Stute ein paar Schritte weiter zu führen - was ich besser hätte sein lassen sollen, denn die Stute nahm nun wohl an, dass ich vor habe, ihr Fohlen alleine zurück zu lassen und begann sich folglich zu wehren. Im Grundsatz war die Stute auch ein liebes Pferd, das wir selbst gezüchtet hatten und vom ersten Tag kannten. Doch in diesem Moment verwandelte sich mein sonst so honettes Ross in eine Furie, die nur noch ein Ziel kannte: Den Mensch, der sie von ihrem Fohlen trennen wollte, platt zu machen.

Sie begann sich zu drehen, sodass ich plötzlich ihre gegen mich ausschlagenden Hinterhufe vor mir hatte und während ich noch versuchte, sie in eine ungefährlichere Position zu bringen, hatte sie sich schon wieder gedreht und versuchte mich nun mit gefletschten Zähnen und flach an den Kopf angelegten Ohren zu beißen. Als ich ihr den Strick um die kaum sichtbaren Ohren haute, um sie abzuwehren, stieg sie und ruderte mit den Vorderhufen gefährlich nahe Richtung meines Kopfes. Der blieb zwar verschont, aber sie erwischte mich trotzdem noch an der Schulter und bevor ich das Gleichgewicht gänzlich verlor und rückwärts gegen einen Baum stolperte, auf denen Stamm mein Hinterkopf aufschlug, kam Micha angerannt und nahm mir die tobende Stute ab, währen unsere Pflegerin das Fohlen zur Stute zurück trieb.

Ich hatte so eine Todesangst ausgestanden, dass ich mich hinter dem Baum übergab.

Dann hatte ich einen jungen Hengst, der sich derart paddelig anstellte, als er auf dem Phantom absamen sollte. Nach ettlichen Fehlversuchen rief ich einen Bekannten an, der mich in solchen Fällen immer wieder unterstützt hatte, dem Hengst doch noch den richtigen Weg zu weisen.

Bart, so heißt jener Bekannter, ordnete an, eine Stute neben das Phantom zu stellen und sein Plan war es, den Hengst, wenn er im Sprung auf die Stute ist, einfach rüber aufs Phantom zu schubsen.

Das Problem war nun nur, dass ich eigentlich auf der Seite zum Abnehmen des Samens stehen musste, auf der auch die Stute stand, aber Bart war zuversichtlich und meinte, dass er den Hengst schon im Anflug schubst und ich so nicht zwischen die Pferde gerate, sondern der Hengst ja dann schon auf dem Phantom liegt, wenn ich ihm die künstliche Scheide anbiete.

Soweit der Plan.

Allerdings verunsicherte den Hengst die Anwesenheit der Stute und die, hochrossend wie sie war, wurde gleich mal sauer, weil ihr Mr. Lovalova nicht zu Potte kam, sondern nur herumspielte. Mir wurde währenddessen schon ein bisschen mulmig, aber Bart meinte, er hätte den Hengst unter Kontrolle.

Den Hengst ja wohl, nicht aber die Stute, die plötzlich anfing, nach dem Hengst auszuschlagen. Bevor Bart reagieren konnte, hatte sich auch der Hengst umgedreht und begann sich zu wehren, indem er ebenfalls ausschlug - in Richtung Stute. Ich stand also mit meiner Coloradoscheide zwischen den fliegenden Hinterhufen der Pferde und wusste nicht, ob meine Überlebenschance größer wird, wenn ich stehen bleibe und hoffe, dass keiner der Hufe mich trifft, oder ob ich sicherer bin, wenn ich mich bücke, um unter dem Phantom durch auf die sichere Seite zu tauchen. Schlußendlich entschied ich mich fürs Tauchen und bekam dabei wenigstens nur einen Streif-Tritt gegen meinen gut gepolsterten Hintern.

Ich in dieser Situation hatte ich für einen Moment wirklich Todesangst.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Als Besamungswartin musste ich tagtäglich unter höchst erregten Hengsten stehen und ihren Schniepel in die künstliche Scheide stopfen und neben meinem Kopf ruderten dabei die Vorderhufe ... manchmal kippte ein unerfahrener Junghengst im Eifer des Gefechts auch schon mal seitlich vom Phantom und auch dann musste ich fix sein, um nicht unter seinem Körper zu landen. Es kam auch vor, dass ein Hengst anfing, ums Phantom herumzutanzen und er plötzlich seitlich auf dem Phantom lag, während ich unter seinem Bauch an der Samengewinnung arbeitete. Damit konnte ich umgehen, sonst hätte ich den falschen Job gewählt.

Aber gleichzeitig kam es eben vor, dass ich unerzogene Gaststuten bekam, die mir beim Führen in den Rücken sprangen, gegen mich traten, bissen, wenn man sie aufhalftern wollten oder einem auf die Füße hüpften, weil sie keinen Respekt vor den Menschen hatten (der Haustierarzt wusste schon, warum er die nicht besamen wollte, sondern sie lieber zu uns auf Station schickte). Überdies hatten wir ja auch die Junghengstaufzucht, die Vorbereitung zur Körung und das Anreiten von Jungpferden im Angebot und was wir da an unkultivierten Hengsten und Jungpferden auf den Hof gestellt bekamen, spottete wirklich jeder Beschreibung. Ansteigen und umrennen oder aus dem Longierzirkel direkt auf den Longenführer zuhalten, waren noch Kleinigkeiten. Die hatten einfach gelernt, dass der Mensch Angst hat und zur Seite springt, wenn sie auf ihn zuhalten.

Ich hatte also irgendwie auch immer ein unangenehmes Gefühl, wenn ich ein Pferd führte, weil ich bei dieser Anzahl unerzogener und respektloser Pferde auch immer wieder verletzt wurde, wenn sie mich umrannten, über mich drüber rannten, mich schubsten, mir auf die Füße sprangen, mich anstiegen oder mich von den Füßen rissen und hinterherschleiften. Manche versuchten auch, mich zu beissen.

Natürlich hatten diese Pferde auch kein Vertrauen zu mir, denn sie kannten mich ja nicht und so war es auch nicht immer eine garstige Absicht, die dahinter steckte, wenn sie in Panik gerieten, sich erschreckten oder fliehen wollten und mich dabei umrannten oder hinterher schleiften (in mir steckt leider auch der "Bloß nie loslassen"-Gedanke). Wenn sie dann acht Wochen bei uns waren, konnte ich sie auch an der Hand neben mir hertraben lassen, ohne mich in ständiger Gefahr zu wähnen. Aber ein ungutes Gefühl blieb eben immer.

Irgendwann stellte ich fest, dass ein Pferd am ungefährlichsten ist, wenn man in seinem Sattel sitzt und diese Erkenntnis prägt mich auch bis heute.

Nun kamen mich irgendwann aber Andrea und Denise besuchen und baten mich, Lilo doch ein bisschen vor ihren Kameras hin- und her zu führen. Gerne auch im Trab. Das kam für mich einer Mutprobe gleich, denn zu dem Zeitpunkt kannte ich Lilo auch noch nicht so gut und nach all den Erfahrungen in der Vergangenheit bin ich mit der Vertrauenschenkerei an ein Pferd auch vorsichtiger geworden.

Beide Mädels meinten, dass es das Vertrauen ungemein fördert, wenn man zu Fuß neben seinem Pferd im Gelände spazieren geht - und Andrea, die ja sogar Tagesausflüge mit Bronco an der Hand macht, brachte mir dafür ja auch den Beweis. Nur kann ich das Kopfkino auch nur schwer abstellen.

Inzwischen vertraue ich Lilo natürlich auch und gehe gelassener und mit weniger Vorsicht mit ihm um. Trotzdem gab es auch schon eine Situation, in der er für einen Moment panisch reagierte, denn er blieb mit der Decke am Weidetor hängen und das wurde aus den Angeln gehoben und fiel auf ihn drauf. In so einer Situatiuon nach vorne zu springen, ohne erst zu schauen, wo ich stehe (zumal ich zur Seite hüpfte und genau in seine Fluchtbahn hechtete), sehe ich ihm nach, denn das hat nichts mit seinem mangelnden Vertrauen zu mir zu tun, wenn er nicht stehen bleibt, während ihm ein Weidetor ins Kreuz kracht. Aber ich drehte einen spektakulären halben Salto und landete auf dem Kreuz und mit dem Kopf auf einem Stein.

Wäre ich in dieser Situation auf dem Pferd gesessen, hätte ich vielleicht auch einen Teil des Tores ins Kreuz bekommen, aber wenigstens hätte ich keine Beule am Kopf gehabt.

Tatsächlich sind auch alle Unfälle, die mit Pferden zu tun hatten, stets dann passiert, wenn ich neben dem Pferd stand: Beim Fohlenbrennen hat mir ein Pferdekind, das der Brennmeister fast gar grillte, als er ihm das Brandzeichen verpasste, einen gebrochenen Daumen mit zusätzlichem Kapselriss beschert, weil es in seinem Schmerz vor mir wegsprang ... während mein Daumen noch im Halfterring hing.

Als ich hochschwanger meinem Pferd die Hufe abspritzte und unter dem Pferdebauch eine Bremse mit meiner Hand erschlagen wollte, kam das Pferd in dem Moment auf die gleiche Idee, trat mit dem Huf unter den Bauch und erwischte mich am Kopf.

Als ich eine Ponystute besamen wollte, die zu klein war, um dabei im Ständer zu stehen, trat die - obwohl die Besitzerin ihr einen Vorderhuf hoch hob - mit beiden solide beschlagenen, bestollten Hufen vors Knie ... seitdem habe ich im linken Knie keinen Schleimbeutel mehr und kann nicht mehr vom Pferd springen, ohne dass ich Schmerzen riskiere.

Mag sein, dass ich in dieser Beziehung wirklich ein Pechvogel bin oder dass ich öfter mal nein sagen hätte sollen, wenn man mir risikoreiche Aufgaben zuteilen wollte, aber wenn ich zusammenzähle, wie oft ich vom Pferd fiel und mich verletzte, dann kann ich diese Unfälle noch an einer Hand abzählen ... wobei ich mich auch nicht erinnern kann, je so verletzt gewesen zu sein, dass ich nicht hätte wieder aufsteigen und weiterreiten hätte können. Selbst meine Abstürze hielten sich in überschaubaren Grenzen, obwohl ich hier und da schon auch mal ein Rodeopferdchen zur Korrektur bekam.

Aber meine Unfälle neben dem Pferd kann ich nicht mehr zählen.

Dazu kommt, dass wenn ich neben dem Pferd hergehe, ich selbst mit meinem Übergewicht kein Pferd halten kann, das mindestens acht mal so viel wiegt wie ich - ich habe schon Mühe, meinen Leonberger Rüden zu halten, wenn der in die Leine springt.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich einst mit Bambi an der Hand zur Sommerweide lief und sie ihre Freundinnen von der Koppel wiehern hörte. Die fragte nicht, ob ich einverstanden bin, dass sie schon mal vorgeht, sondern gab Gas. Für einen Moment dachte ich noch, sie halten zu können, aber dann zog sie mich durch den Wald und abgesehen davon, dass ich über zahlreiche Wurzeln stolperte, scheiterte ich dann an den Büschen, durch die mich mein Pferdchen zog und einem Baum, an dem es mich abstreifte.

Nach solchen Erfahrungen mag ich mir gar nicht vorstellen, wie mich das Moppelpony abhängen würde, wenn dem das Mützlein nach Heimlaufen stünde, während ich ihn versuchen würde, davon abzuhalten. Ich wäre chancenlos, wenn er so richtig Gas gibt.

Mir dann vorzustellen, wie er über die Gleise der Nordwestbahn nach Hause galoppiert ... oder nein, das will ich mir gar nicht vorstellen!

Ich behaupte nicht, dass ich ihn von oben halten könnte, wenn er mir durchgeht, aber ich könnte ihn vielleicht wenigstens vor der Straße oder den Schienen weglenken ... und er würde nicht noch auf dem Heimweg vielleicht noch ein Stütchen decken, das er trifft.

Nichtsdestotrotz bewundere ich jeden, der trotzdem den Mut hat, mit seinem Pferd spazieren zu gehen oder abzusteigen, wenn es brenzlig wird und dann so viel Vertrauen zu ihrem Pferd haben, zu wissen, dass es sich beruhigt, wenn sie neben ihm stehen.

Ich war mittlerweile auch mit Lilo im Wald an der Hand spazieren und er blieb bislang auch wenn er sich erschreckte, immer bei mir, aber wenn er auf dem Nachhauseweg Stalldrang verspürt, dann ist es auch anstrengend, ihn immer wieder bremsen zu müssen. Von oben fällt mir das leichter ... oder es ist nicht so anstrengend für mich, weil ich nicht versuchen muss, mit ihm Schritt zu halten.

So - das war mein Statement für mein "Obenbleiben".

Aber ich weiß, dass viele von Euch das Absteigen vorziehen und insofern interessieren mich Eure Erfahrungen sehr.

Zu Zeiten meiner Warmblutreiterei zählte ich mich auch zu den Obenbleibern, denn es wurde nebenbei für mich gern mal etwas brenzlig, wenn mein Erich aufdrehte und ich kleiner Mensch da nebenher lief und versuchte, dieses Muskelpaket zu bändigen. Da war es mir von oben schon leichter, obwohl ich auch da oft genug in Wohnungsnot gekommen bin, aber dazu schreibe ich demnächst an anderer Stelle. ;-)

Beim Düsimann ist das eigentlich egal, denn er ist immer anständig. Selbst beim Nebenhergehen bedarf es nur eines leichten Grummelns meinerseits, damit er wieder zur Raison kommt. Ich denke, da greift immer noch die spanische Erziehung...

Ich denke auch, dass das ein Fall-Entscheidung ist. Jedes Pferd tickt etwas anders.
Ich hab mit beiden Entscheidungen gute und schlechte Erfahrungen gemacht.
Als die RB-WB-Stute nicht am Sperrmüll vorbei wollte, bin ich abgestiegen. Sie hat Männchen gemacht,
Mir die Züge entrissen und wir sind getrennt zum Stall zurück.
Als Jaleoso noch Hengst war, wäre ich aus genau dem Grund niemals abgestiegen!
Ok-er hat mich abgesetzt und ist dann horrormässig durchs Watt getobt... Ganz grosser Mist!
Aber jetzt ist er so gegrillt, dass ich gerade letztens im Gelände abgestiegen bin, weil er vor eine Hauseinfahrt
gespielt hat. Ich hab ihn einfach "geparkt" und das Häuften in Ruhe weggeschickt.
Ergo: Fall-Entscheidung!

Ich bleibe meistens lieber oben.
Zum einen möchte ich ja eigentlich reiten und meinem Pferd nicht beibringen, daß es nur glotzen muß, um mich zum Absteigen zu bewegen. Bisher bin ich auch immer irgendwann reitend an den gruseligen Dingen vorbei gekommen.
Zum zweiten brauche ich zum Aufsteigen eine "Aufstiegshilfe", und die ist nicht unbedingt vorhanden, wenn man absteigen mußte.

Filo glotzt ja gerne mal im Gelände und will an manchen Dingen nicht vorbei gehen. Das ändert sich aber auch nicht, wenn ich am Boden bin.
Letztes Jahr bekam ich sie mal nur mit größter Mühe und in vielen kleinen Etappen von der Wiese geholt, weil am Pflaumenbaum neben dem Weg eine Leiter angelehnt war..... Da war der Vorwärtsgang komplett blockiert.

Bei Taris steige ich lieber ab, denn wenn der heiß wird und sich aufregt gehts nur noch im Hasengalopp oder verzerrtem Terre a terre weiter. Das ist in sofern schlecht zu sitzen das er erst ansteigt und im Sprung noch mal nachhüft. Bevor ich da mal den Abgang mache ( ist zum Glück nur einmal passiert ) steig ich lieber ab. An der Hand ist der viel ruhiger und auch gut zu halten.

Bei anderen Pferden wäre es Überlegenssache. Würde ich z.B. einen der Elfen an der Hand haben wäre ich vielleicht lieber oben. Bei 180 cm dauert das bis der gedreht hat. Allerdings hat der eine mir ja schonmal in die Rippen getreten und auch schon mal so durchgezogen wenn man seiner Meinung nach zu nah kommt.
Die würde ich an der Hand auch nicht packen. Unerzogene Dinger.

Die wirklich gefährlichen Situationen habe ich meist "von unten" erlebt,aber eben auch fast immer
mit Hengsten oder hengstigen Pferden.
Ansteigen oder kurzkehrt mit ausschlagen,weil loslassen ja keine Option ist,sind Situationen in denen man
auch mal Glück haben muss.
Auf die Füsse springen oder die Schulter ausrenken erlebt man eben als Bodenpersonal,also ich sitze auch lieber oben,
da habe ich das sicher subjektive Gefühl mehr Kontrolle über das Pferd zu haben.
Jetzt in meinen fortgeschrittenen Jahren bin ich sehr glücklich mit 2 relativ ausgeglichenen Wallachen,wobei das Spazierengehen mit dem
schreckhaften Kandidaten schon aufregend ist,der beherzte Sprung ins Gebüsch ist im Sattel besser auszusitzen,als wenn man
waagerecht am Strick hängt.

Da wir unsere beiden ja quasi schon als Absetzer bekommen haben, haben wir sie logischerweise auch erst mal nur an der Hand mitgeführt, egal wohin. Dadurch sind sie sehr vertrauensvoll allem gegenüber wenn wir nebenher gehen und daher steige ich immer ab wenn sie etwas gruselig oder sehr aufregend finden. Aber das kommt sooooo selten vor, dass ich mich gar nicht mehr erinnern kann wann ich das letzte mal abgestiegen bin.
Nein, stimmt gar nicht, im Herbst sind wir unsere Hausrunde geritten und plötzlich wollte Ella nicht mehr weiter, stand da wie versteinert ohne dass wir etwas merkwürdiges entdecken konnten. Taddelchen lief noch einige Schritte weiter und blieb dann auch abrupt stehen und fing an zu schnorcheln. Da stieg ich dann doch rasch ab und führte sie weiter, Lena genauso, sie schnorchelten noch ein bißchen aber folgten uns brav. Ein Stückchen weiter haben sie sich dann wieder beruhigt und wir sind wieder aufgestiegen und weiter geritten. Vermutlich haben Wildschweine oder Dachse kurz vorher den Weg gekreuzt und die Pferde bekamen ihren Geruch in die Nase, unser Geruchssinn ist da ja leider viel zu schlecht um das wahrzunehmen. Dieses Verhalten finde ich aber durchaus legitim und würde sie deshalb nie strafen.
Sie sind aber auch beide keine Durchgänger und sie achten immer sehr auf uns.

Bei anderen Pferden würde ich in brenzligen Situationen auch immer absteigen, aber da wäre wahrscheinlich kein Vertrauen auf beiden Seiten und dann könnte das auch mal schief gehen, aber trotzdem fühle ich mich auf dem Boden sicherer als auf dem Pferd, da ich keine so gute Reiterin bin. Als Passagier auf einem tobendem, ausrastendem und nicht mehr ansprechendem Pferd zu sitzen, diese Vorstellung finde ich noch viel schlimmer!

Bei mir ist es situationsabhängig.
Meiner ist ja ein losreißer und ein bocker und sprinter, wenn er stress bekommt.
Bin ich ebenfalls nicht ruhig, weil aufgeregt, bin ich inzwischen oben sicherer. Er ist inzwischen nicht mehr so massiv beim herumhopsen und will einen lnicht mehr loswerden Und meine technik im notfalls in die Wendung "ziehen" beesser geworden ist, sodass ich oben nicht mehr wirklich in Gefahr bin.
Beim führen ist es schwieriger, weil er da wirklich perfektioniert hat wie wer wegkommt.
Das problem ist, dass er es zwar fast gar nicht mehr tut, weil ich sicherer und ruhiger geworden bin, aber ich gerade wenn eine Stresssituation entsteht oftmals noch Opfer meines Kopfkinos bin.
Bleibe ich ruhig, bleibt auch er und habe ich einen "mach doch"-Einstellung versucht er es nicht mal, weil ich genügend Sicherheit ausstrahle.

Gerade letzte Woche: wir hatten unseren ersten Auftritt und wollten Freiarbeit machen. Ich nervös, wir kommen am Halfter in die Halle und zack, weg war er. Die Freiarbeit hat dann super geklappt, weils mir dann egal war, da der Start sowieso schon missglckt war. Meine Stallkollegin nennt ihn deshalb schon den Boomerang

Interessantes Thema, oder wie man sich ändern kann.

In meinem ersten Reiterleben war absteigen keine Option; quasi ein Frage der Ehre. Zeitweise habe ich ein Connemarapony geritten, dass sich hingeschmiessen hat, um seinen Reiter los zu werden. Selbst bei dem bin ich im Sattel kleben geblieben.

...und dann kam Caruso (hatte ich ja schon mehrfach drüber berichtet). Bei Caruso habe ich das Absteigen zu einer eigenen Disziplin entwickelt, so schnell war ich unten, wenn er rückwärts Richtung Abhang durchstartete. Nun gut, Caruso ist Geschichte. Das Absteigen ist geblieben.

Castanito bleibt auch zwischendurch stehen und versucht auch mal den Aufstand. Ich muss mich regelrecht zwingen, dann oben sitzen zu bleiben. Mein erster Impuls ist zumindest, über das Absteigen nachzudenken.

Tatsächlich ist es dann aber auch so, wenn ich dann tatsächlich absteige, weil vielleicht auch andere zu Schaden kommen könnten, dass für Castanito die Welt wieder in Ordnung ist und für mich nicht gefährlich. Dann würde er auch durch einen brennenden Reifen springen.

Bei mir ist das situationsabhängig. Ich habe, wie Sabine, auch viele unerzogene Panzertiere zu bewältigen gehabt und die eine oder andere (wenn auch nicht so dramatische) Blessur davongetragen - mit ein Grund, warum ich keine Lust mehr auf den Beruf des Pferdewirts hatte, denn ich wollte nicht mehr meinen Kopf hinhalten. Diese Pferde waren tatsächlich unterm Reiter leichter zu händeln als vom Boden aus, aber da ich als Fußvolk angestellt war und mit Reiten nichts am Hut hatte, hatte ich eben nur das Vergnügen, am Anbindeplatz piaffierende Pferde bandagieren zu dürfen.

Trotzdem bin ich, aufgrund meiner schlechten Erfahrungen in derm Jahr "Bereiterlehre", in dem ich mehr flog als ritt, eher ein Absteiger. Die beiden Pferde, die ich als RB hatte vor dem Schatzi, waren sehr gut erzogen und der Psycho der beiden war vom Boden aus in Krisensituationen besser zu händeln als von oben. Der Schatzi orientiert sich extrem an Führpferden oder Führmenschen, während er unterm Reiter deutlich unsicherer ist, somit ist es klüger, in brenzligen Situationen auch mal abzusteigen - etwa, wenn das andere Pferd gerade beschließt, alleine heimzugaloppieren. Andererseits ist Spazierengehen an der Hand für uns beide nur lästig, da sitze ich lieber auf dem Pferd und gestalte einen stressfreien Schrittausritt.

Ich finde Eure Argumente allesamt sehr interessant und kann auch die zum Absteigen sehr gut nachvollziehen. Gerade beim Lesen von Larissas Beitrag grübelte ich aber auch, weil ich mir auch schon überlegte, wie das Absteigen beim Pferd ankommt. Ich will gar nicht so weit gehen, zu behaupten, das Pferd lernt, dass man absteigt und provoziert dann brenzlige Situationen, damit der Reiter zu Fuß geht, sondern ich frage mich, ob ich meine Souveränität im Sattel bei meinem Pferd in Frage stelle, wenn ich ihm beweise, dass ich von unten ein besseres "Leittier" bin, als von oben.

Ich möchte auch gar keine Thesen aufstellen, denn dabei müsste ich mich definitiv an der eigenen Nase fassen, weil es mich Überwindung kostet, ein ausflippendes Pferd von unten zu bändigen - weshalb ich ja auch Hochachtung vor all denen habe, die sich trauen abzusteigen.

Wobei ich Lilo nun auch mal von der Regel ausnehme, denn dem vertraue ich inzwischen sogar blind und weiß, dass er mich egal ob als Reiter oder Fußgänger in die Hölle begleiten würde, ohne zu zögern und mir dann auch wieder den Heimweg zeigen könnte.

Insofern bin ich auch ganz bei all denen, die schreiben, dass sie bei den Warmblütern eher im Sattel blieben, weil sie vom Boden aus noch schwieriger zu bändigen waren und beim Spanier Vertrauen vom Boden aus vermitteln können - mir geht es auch so, dass bei Lilo mein Kopfkino inzwischen aus bleibt. Bei Schimmi würde ich mich aber nach wie vor oben immer sicherer fühlen, als nebendran, denn denn der loslegt, interessiert den nicht mehr, wer am anderen Ende des Strickles hängt.

Wobei mir auch gerade einfällt, dass ich im Gelände mal von Schimmi absteigen musste, weil er wegen am Wegesrand aufgestapelten Strohballen den Rückwärtsgang einschaltete und dabei mit einem Hinterhuf über den tiefer liegenden Ackerrain ins frisch gepflügte Feld trat, was ihn dann leider auch sein Gleichgewicht kostete, weshalb wir dann beide im Acker lagen. Uns war beiden nichts passiert, aber kaum dass der Schimmelige wieder auf seinen Hufen stand, tänzelte er auch nur noch um mich herum und ich bekam keinen Fuß in den Bügel, um wieder aufzusteigen. 1,72 m können ganz schön hoch sein.

Das war dann auch der Punkt, an dem ich beschloss, koste es was es wolle, nie mehr im Gelände vom Pferd abzusteigen, denn ich lief mit ihm gut eine Stunde nach Hause und traf dabei tatsächlich auch lauter Leute, die ich sonst nie treffe und die natürlich auch sofort verbreiteten, dass ich vom Pferd gefallen und nach Hause gelaufen sei, weil mein Pferd mich nicht mehr aufsitzen ließ - wer den Schaden hat, braucht bekanntlich für den Spott nicht zu sorgen.

Das Argument, dass es abhängig ist vom Pferd, ob man oben bleibt oder absteigt, kann ich also auch sehr gut nachvollziehen und auch das, dass der Entscheid auch von der Situation abhängig ist. Mir fiel nämlich ein, dass ich letzten Winter, als ich meinen Schneeritt absolvierte und es unter Lilos Hufen so glatt war, dass er hinten immer wieder wegrutschte, auch überlegte, ob ich absteigen und ihn führen soll, weil ich fürchtete, dass ich ihn zusätzlich aus der Balance bringen könnte. Allerdings war meine Befürchtung, dass ich unterwegs keine Aufsteighilfe mehr finde und den ganzen Heimweg laufen muss, dann doch ein bisschen größer ;-)

Tatsächlich mögen meine berufsbedingt pferdeintensiven Jahre, genau wie bei Franzi, nicht die Regel im Reiterleben darstellen, aber sie prägen einen eben doch, wenn man die leid- und schmerzvollen Momente mit dem Führen von Pferden verbindet.

Wie ich schon schrieb: Lilo vertraue ich, aber trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich von oben eine bessere Kontrolle über ihn habe, wenn es brenzlig wird - und tatsächlich habe ich sogar das Gefühl, dass er sich dann auch auf meine Führung aus dem Sattel verlässt und eher verwirrt wäre, wenn ich plötzlich neben ihm stünde.