Vielleicht ist es auch einfach: "Die Mischung macht´s"

Zitat von elchbine im Beitrag #30

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Interessantes Thema - zu dem ich gerne Waldemar Seunig zitieren möchte: Reiten: das Zwiegespräch zweier Körper und zweier Seelen, das dahin zielt, den vollkommenen Einklang zwischen ihnen herzustellen."

Ich würde von mir selbst nicht behaupten, dass ich reiten kann - und das, obwohl ich durchaus in der Lage bin, einen wirklich runden Zirkel in einem gleichmäßigen Takt des Trabes mit meinem Pferd zu reiten. Ich glaube auch durchaus, dass ich ein sehr gutes Einfühlungsvermögen besitze, um mich relativ schnell auf unterschiedlichste Pferde einstellen zu können. Und ich freue mich auch, sagen zu können, dass ich meine reiterlichen Erolge stets auf selbst angerittenen und ausgebildeten Pferde erringen könnte und dass die Leute, die mir früher ihre Korrekturpferde brachten, sie allesamt danach auch sehr gut nachreiten konnten.

Allerdings habe ich heute auch nicht mehr den Schneid, wie noch vor 10 Jahren. Heute würde ich, wenn ein Pferd bockt und steigt, eher nicht mehr auf die Idee kommen, mich anzubieten, da mal rasch drauf zu sitzen. Heute würde ich sogar, wenn man mir anböte ein Pfed zu reiten, eher einräumen, dass man mir den erst mal vorreiten soll und ich mich gerne drauf setze, wenn er sich als brav erweist.

Bin ich also heute ein schlechterer Reiter als vor 10 Jahren, obwohl ich ganz sicher an Erfahrung dazu gewonnen habe?

Wobei ich hier auch meinen Lieblingsspruch aufgreifen möchte, dass der Vorteil an den alten Schachteln der ist, dass sie durchaus viel können, es aber nicht mehr unbedingt beweisen müssen.

Allerdings gebe ich aber auch zu, dass ich mich - als ich Linda Tellington Jones reiten sah, ein bisschen schämte, weil ich mich schon Mitte 50 auf meinen einstigen Lorbeeren auszuruhen beginne, ohne noch welche dazugewinnen zu wollen.

Aber ich weiß auch, dass ich nicht mehr ganz so geschmeidig im Sattel mitgehen kann, wie vor 10 Jahren. Auch da müsste ich mir also die Frage stellen, ob ich ein schlechterer Reiter geworden bin.

Dazu kommt, dass ich tatsächlich auch ein Geländeschrabbler bin - und zwar einer von der Sorte, die mit halblangen Zügeln galoppieren und von ihrem Pferd im Wald weder Versammlung, noch Lektionen verlange. Damit habe ich wohl den Stempel des schlechten Reiters endgültig verdient.

Auf der anderen Seite komme ich mit meinem Pferd überall hin und überall durch, während ich so manchen Pfefferstosser kenne, der außerhalb des Dressurvierecks von der ständigen Sorge beseelt ist, dass sich das Pferd erschrecken und der sonst siegreiche Reiter sich auf dem Erdboden wiederfinden könnte.

Ich habe schon M-Dressur-Reiterinnen am Turnier getroffen, die ihr Pferd erst mal 30 Minuten ablongieren mussten, bevor sie sich drauf trauten.

Insofern schließe ich mich durchaus auch Angelikas (Ginny) Meinung an, dass eventuell derjenige, der sein Pferd auch im Gelände steuern kann, für mich ein besserer Reiter ist, als derjenige, der zwar eine M-Dressur gewinnt, aber ohne Viereckgätterchen und Buchstaben orientierungslos ist.

Aber ich gebe auch Silke Recht, dass man das auch kaum pauschalisieren kann.

Insofern komme ich denn doch wieder auf Waldemar Seunig zurück, der das Erreichen vollkommener Harmonie von Reiter und Pferd als Reiten bezeichnet.

... oder um es mit Egon von Neindorffs Worten zu sagen, die ich aus seinem Unterricht mitnahm: "Wenn das Pferd unter Ihnen schöner wird und sich mit Freude unter Ihrem Sattel präsentiert, dann fängt das Reiten an!"

Schöner kann ein Pferd tatsächlich auch beim Geländeschrabbeln werden und so manches Pferd präsentiert sich vielleicht freudvoller unterm Sattel, wenn man es durch den Wald zockeln lässt, als wenn man es im Viereck durch Lektionen steuert.

Vielleicht macht es also den guten Reiter auch aus, wenn er erkennt, welcher Weg sein Pfgerd schöner und freudvoller macht.

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Soll heißen:
Erst wenn ich mich von Vorgaben und Zwängen einzelner Reitweisen lösen kann und herausfinde, was in dem Moment für die Situation, Pferd und Reiter das Richtige ist und das auch anwende - erst dann habe ich die Chance, wirklich Reiten lernen zu können. Also mir nicht mehr erklären lassen muß, was zu tun ist...
Und das muß unabhängig von einer Reitweise passieren (aber jede Reitweise entwickelt sich irgendwie weiter)!

Reiten "können" wird niemand jemals - denn Reiten ist ein dynamischer Prozess, ist dauerhaftem Wandel unterworfen!|addpics|dgt-4-a76c.jpg-invaddpicsinvv|/addpics|