"Das Gerät war schuld" - das erinnert mich an ein Interview mit Georg Hackl, dem legendären Rennrodler! Vor Jahren war ich als Dolmetscherin/Teammanagerin einer Rennrodelnationalmannschaft unterwegs. Bei einem Weltcuprennen in Oberhof machte Georg schlicht einen Fahrfehler, was ihn wertvolle Zehntelsekunden kostete. Entsprechend war seine Laune, als er vom Schlitten stieg Sofort stürzten die deutschen Reporter auf ihn los "Schorsch, was war los? War die Ausrüstung schuld?" Dann auch gleich mit diesem kumpelhaften Duzen, was ich eh nicht leiden kann. Georg dann so richtig schön urbayrisch "SCHMOARRN!!!" und ließ sie stehen. Es gibt noch Sportler, die die Schuld nicht in der Ausrüstung suchen... Aber die sind wohl dünn gesät.
Ich könnte ja noch verstehen, wenn der jeweilige Nationalkader eigene Pferde hat und den Athleten zur Verfügung stellt. Wie machen es die Fünfkämpfer eigentlich daheim? Gehen sie dann in den nächsten Reitstall und borgen sich Schulpferde? Sind sie Reitbeteiligung irgendwo? Das paßt doch alles nicht zusammen.... Übrigens bekam die Trainerin mit ihrem Spruch "Hau mal ordentlich drauf" auch beim sonst eher unpolitischen Rockland-Radio ihr Fett weg. Nur leider hat man auch da nicht die Frage gestellt, warum es überhaupt Leihpferde sein müssen.
Ich könnte ja noch verstehen, wenn der jeweilige Nationalkader eigene Pferde hat und den Athleten zur Verfügung stellt. Wie machen es die Fünfkämpfer eigentlich daheim? Gehen sie dann in den nächsten Reitstall und borgen sich Schulpferde? Sind sie Reitbeteiligung irgendwo? Das paßt doch alles nicht zusammen....
Steht in dem Artikel, den ich auf der letzten Seite gepostet habe. Zum Training bekommen die (zumindest die in den höheren Klassen) idR Schulpferde durch den Verband gestellt, die sie ganze 1 bis 2 mal die Woche reiten. Für Wettkämpfe werden dann Pferde angemietet, wenn nicht so viel Geld da ist gerne auch mal aus "Billigländern" rangekarrt.
Ich selber würde mich nicht davon freisprechen, dass heulen zu kriegen, wenn mir die Goldmedaille quasi davon schwimmt. Aber wenn ich dann aus Frust auf das Pferd eindreschen würde, würde meine Trainerin mir was husten- aber So was von.
Zitat von Picasa im Beitrag #63Ich selber würde mich nicht davon freisprechen, dass heulen zu kriegen, wenn mir die Goldmedaille quasi davon schwimmt. Aber wenn ich dann aus Frust auf das Pferd eindreschen würde, würde meine Trainerin mir was husten- aber So was von.
Aber am Ende ist auch die Reiterin für mich ein Opfer. Sie hat sogar noch darüber nachgedacht, aufzugeben. Aber TU das mal, wenn es um olympisches Gold winkt. Einem wildfremden Pferd zuliebe, .... stattdessen hat sie sich gesagt, besser, ich versuche es wenigstens....
Zitat von Gambassi im Beitrag #59Das ist auch der Punkt, an dem ich mit dem "das Pferd hätte ausgetauscht werden müssen!" nicht konform gehe. Zum Wohl des Pferdes? Ja. Im Hinblick auf die Reiterin? Absolut nicht. Wenn ich mich entscheide, eine Sportart unter Verwendung eines Lebewesens auszuüben und der Meinung bin, dass es total okay ist, wenn dieses mit nach 20 Minuten kennenlernen durch einen Springparcours tragen soll, dann muss ich auch damit leben können, wenn dieses Lebewesen im entscheidenden Moment nicht "funktioniert". Angeblich ist Reiten doch so ein integraler Bestandteil des Fünfkampfs - dann gehören dazu eben auch tierische "Launen". Verdammt nochmal, ein Spring- oder Dressurreiter kann doch auch nicht einfach sein Wettkampfpferd austauschen, wenn es einen schlechten Tag hat.
Ich finde, dass man, wenn man dieses Pferd nach dem ersten Ritt NICHT rausnimmt (oder hier, dass es nicht rausgenommen wurde) war einfach nicht fair, sowohl dem Pferd gegenüber, was schon beim ersten Ritt deutlich gezeigt hat, dass es der gestellten Aufgabe unter einem Fremdreiter NICHT gewachsen ist. Und für die Reiterin - wenn sie den ersten Ritt gesehen hat, wovon ich ausgehe, dann wusste sie, dass dieses Pferd nicht bereit sein würde, mit ihr zusammen zu arbeiten, WEIL es überfordert war. Nun blieb nur die Frage, ob man eben gleich aufgibt, weil es nicht realistisch machbar erschien, dieses Springen zu bewältigen - oder aufzugeben, ohne es wenigstens versucht zu haben, in Anbetracht der Tatsache, dass es immerhin um olympisches Gold ging....
Nein, in einer Dressur oder einem Springen mit eigenem Pferd kann man das "nicht funktionierende Gerät" auch nicht auszutauschen - aber man kann es als Reiter besser einschätzen, und auch besser kompensieren,wenn man das Pferd sehr gut kennt....
Zitat von eike im Beitrag #51Kennt sich hier jemand mit dem modernen 5 Kampf etwas besser aus? Ich frage mich woher kommen diese Pferde? In den Medien war nur es wird zugelost und es sind Leihpferde.
Ich frage mich jedoch, wenn so ein Pferd bei Olympia eingesetzt wird, dann ist es sicherlich nicht einfach irgendein Pferd. Es muss doch dann sicherlich auch bei einigen Wettbewerben vorher schon dabei gewesen sein um qualifiziert zu sein...oder nicht.
Ich kenne mich tatsächlich überhaupt nicht aus, habe aber zu der Situation in Tokio gelesen, dass die Pferde von lokalen Besitzern zur Verfügung gestellt wurden, und von den Besitzern diesen Parcours auch gesprungen wurden. Diese Besitzer sollen für dieses Ausleihen dann 1000 € pro Pferd bekommen haben.
Zitat von Gambassi im Beitrag #56 Sehe ich auch so. Hier war eine Reiterin einfach komplett überfordert. Was wiederum ein ganz klares Bild auf diesen Sport wirft - jemand, der sich zur Weltspitze zählt, sollte mit so einer Situation deutlich souveräner umgehen können und nicht komplett in hysterische Panik verfallen, weil er Pferd mal etwas widersetzlich ist
Naja - das PFERD war auch mental total überfordert. Für mich war das schon etwas mehr, als "etwas widersetzlich" - ich fand es allerdings tatsächlich verblüffend,dass es immerhin noch einen Teil des Parcours gesprungen ist - wie, darüber schreibe ich jetzt natürlich lieber nichts.
Zitat von küwi im Beitrag #58Dass die Reiterin ihren persönlichen Ehrgeiz und ihren "jetzt bekomme ich wegen dem Sch*** Gaul keine Medaille" Frust am Pferd ausgelassen hat - und dafür von dem sensiblen Pferd auch glatt die Rechnung präsentiert bekommen hat.
Dass das Pferd springen kann - und zwar völlig unabhängig davon, die die Reiterinnen oben hängen und wie unkoordiniert die ihn steuern - hat er ja in den "guten Momenten" durchaus aufgezeigt.
Ich habe hinterher ein Interview gesehen von dieser Sportlerin, und sie hat wohl sogar darüber nachgedacht, aufzugeben. Hier darf man aber denke ich den Druck, der auf den Sportlern liegt, auch nicht vollständig vergessen - immerhin, olympisches Gold... und dann einfach aufgeben, und es nicht einmal versuchen - hätte Größe bewiesen, ohne Frage - hätte aber auch einige dazu gebracht, ihr zu bescheinigen, dass sie den falschen Sport betreibt oder schlimmeres. Ich will sie im Grunde auch nicht zur Gänze verteidigen, aber für mich ist eben auch sie ein Opfer in einem gewissen Rahmen.
Für mich ist die Reiterin einfach genauso überfordert. Die Ansprüche in diesem Teil der Prüfung sind für die REITER in meinen Augen einfach zu groß - immerhin wird ja bei der Vielseitigkeit auch in der Dressur, salopp gesagt, "etwas weniger" verlangt. Das wäre vielleicht auch hier angebracht?
Zudem finde ich es auch grenzwertig, dass die Pferde eine solche Prüfung unter verschiedenen Reitern mehrfach absolvieren müssen. Bei diesem Pferd wurde es durch die mentale Überforderung sehr deutlich, aber auch ansonsten finde ich das für die Pferde einfach nicht besonders toll....
Schöne Erinnerungen sind eine zweite Gelegenheit zum Glücklichsein
Mit tut die Reiterin leid. Sie stand mit sicherheit unter enormen Druck, "einfach" aufgeben ist da mit sicherheit nicht drin. Das hat sicher Konsequenzen: Sponsorenverträge, Kaderanweisungen, oftmals verdienen diese Sportler ihren Lebensunterhalt mit dem was sie da tun. Das ist garantiert eine ziemliche Zwickmühle.
Nichts desto trotz gehört der Fünfkampf neu betrachtet und ggf mit neuen Anforderungen bestückt, vielleicht ohne Reiten. Das Reiten hat da zu wenig Stellenwert , auch im Training zu Hause. Zu Kavalleriezeiten war das anders, aber die sind nun mal vorbei.
Noch eine Ergänzung zum Druck, der da Lastet: eine Freundin erzählte mir von einer Reiterin, die jetzt auf dem Weg zu den Paralympics unterwegs ist. Allein die Kosten für das Pferd belaufen sich auf 22000€
Ich habe die Olympischen Spiele dieses Jahr gar nicht verfolgt. Auch nicht, was mit den Reitern, den Fünflkämpfern los war.
Aber - ein kleineres oder auch großes Kompliment an euch:
Ich finde toll, wie gut überlegt und mehrschichtig betrachtet die Beiträge hier sind.
GLG Andrea
You can never know everything, and part of what you know is always wrong. Perhaps even the most important part. A portion of wisdom lies in knowing that. A portion of courage lies in going on anyway. (Al'Lan Mandragoran)
ZitatMittlerweile hat der Dachverband des Modernen Fünfkampfs ein Update zu Saint Boy gegeben. Die Organisation teilte zwei Fotos des Pferdes auf Twitter und erklärte, das Pferd sei in seinem Zuhause, der japanischen Präfektur Shiga. Saint Boy sei "vom Wettkampf erschöpft", ansonsten aber bei guter Gesundheit.
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10.08.2021 14:06
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