Mein alter RL hat immer gesagt: Das Problem sitzt immer oben.
Ich finde, er hat Recht. Natürlich gibt es Pferde, bei denen man einfach schlecht, oder gar keinen Zugang findet, weil einfach die Chemie nicht stimmt. Das ist auch nichts schlimmes, wenn man das einsieht und dem Tier die Chance gibt, den Menschen zu finden, wo sie eben stimmt.
Wenn aber die Chemie stimmt und das Tier körperliche oder mentale Probleme hat, dann kann man daran arbeiten. Schwierig, viel Arbeit, viel eigene Kopfarbeit und Disziplin? Klar, bestreitet ja keiner.
Ich habe 2 Stuten, beide hoch sensibel und intelligent, und doch völlig unterschiedlich. Eine hervorragend ausgebildet, mit den Fingerspitzen zu reiten, aber so leicht zu verunsichern durch den Reiter, dass man sich immer unter Kontrolle haben muss. Der leiseste Anflug von Ärger beim Reiter und sie erstarrt innerlich, die Augen werden leer und sie zieht sich in sich zurück. Sie funktioniert weiter, aber Freude hat sie nicht mehr. Sie erwartet permanent, dass sie geschlagen wird, weil etwas nicht geklappt hat, auch wenn es nicht ihr Fehler war. Und sie kann es bis heute nicht begreifen, dass es auch andere Menschen gibt, die nicht den Fehler automatisch bei ihr suchen. Sie ist gründlich gebrochen worden.

Die andere ist ein Pferd, dass sicher auch früher kein schöneres Leben hatte. Auch bei ihr zeugen einige Narben davon. Aber sie ist nie gebrochen worden, das hat der Mensch nicht geschafft. Sie ist ein Kämpfer, sie verweigerte sich, wenn man nicht mit ihr kommuniziert und sich verständlich machen konnte. Jeglicher Druck, verursachte Gegendruck. Daß heisst für den Reiter, dass er ein unheilbaren Pferd hat. Bei ihr ist der Schlüssel Vertrauen. Als ich gelernt hatte, die Zügel und Schenkel einfach "hängen zu lassen" und darauf zu vertrauen, dass sie nicht bockt, seitdem kann ich mit ihr arbeiten. Aber dieser Vertrauensvorschuss war wichtig für sie. Heute kann ich Seitengänge mit ihr gehen, kann die Zügel annehmen, kann sie auf der Vorder- oder Hinterhand wenden. Wir können ohne Probleme auf dem Platz arbeiten und im Gelände reiten und sie hat Freude, immer, auch wenn mal was nicht klappt, sie weiss, dass ihr nichts passiert.

Sorry, sollte unreitbar nicht unheilbar heissen. :-)) Diese automatischen Ergänzungen sind die Pest.

Weiter gehts:

Die Große ist sehr einfach zu reiten, sofern man sich keine Gedanken drum macht, ob auch sie "Spaß" hat.

Natürlich ist nicht alles immer nur Spaß, auch in einem Pferdeleben nicht, trotzdem bin der Meinung, dass es wichtig ist, wenn ein Tier bei der Arbeit Freude hat und nicht nur funktioniert, wie man es ihm mit mehr oder weniger Härte eingebläut hat. Und man kann erfolgreich das Pferd arbeiten, so dass es auch Freude hat. Die Große lernt es gerade und es ist wirklich rührend, wie sehr sie sich bemüht und was sie leistet, seit sie spürt, dass es akzeptiert wird, wenn etwas mal nicht sofort funktioniert.

Pferde sind Lebewesen mit Gefühlen und verschiedenen Charakteren, wie Menschen. Und wie im Umgang mit Menschen muss man mal mehr, mal weniger sensibel arbeiten. Auch sie haben gute und schlechte Tage und wenn mein Pferd mal einen schlechten Tag hat, dann darf es das, ohne fürchten zu müssen, dass man es straft.

Natürlich wird mein Pferd auch gefordert und mit einer gewissen Konsequenz behandelt. Aber immer mit einem inneren Auge auf seinen Charakter und vor allem sein Vorleben und darauf abgestimmt in größeren oder kleineren Schritten.

Nicht jeder hat das Glück, junge, völlig unerfahrene Tiere selbst auszubilden. Und vor allem kann es auch nicht jeder. Aber jeder Fehler, den Menschen einmal an einem Pferd begangen haben, der wird sich beim späteren Besitzer/Reiter zeigen.
Kein Pferd kommt auf die Welt und ist ein Charakterschwein, der Mensch macht aus ihnen, was sie sind, zumindest glaub ich das, vllt irre ich mich. Und es gibt halt ein paar Leute, die sich genau solche Pferde suchen, die wenig Glück mit den Menschen bislang hatten.

Und ich finde, dass es - mal völlig abgesehen von reiterlichen Meriten - die Pflicht jedes Reiters ist, wenn sich Pferd und Reiter nicht völlig "unsympathisch" sind und es deswegen vergebene Mühe wäre, sein Pferd zu fördern. Und zwar so, dass das bestmögliche Ergebnis dabei herauskommt, bei dem auch das Pferd Zufriedenheit und Freude verspürt.

Natürlich muss man sich so ein Tier nicht anschaffen. Und wenn man einen sportlichen Ehrgeiz hat, dann ist so ein Tier sicher kontraproduktiv und man sollte sich verantwortungsvoll trennen. Aber leider landen diese Pferde allzu oft beim Händler, den das alles gar nicht kratzt.

Alles in allem, ich möchte keines meiner Pferde missen - mit all ihren Eigenheiten, besonders nicht mein kleines eigensinniges Mädchen. Und jedes Schnobbern zur Begrüßung, jedes abschnauben bei der Arbeit, jede gelungene Übung auf dem Platz und jeder losgelassene Ausritt rechtfertigen in meinen Augen jedes nachdenken meinerseits in der Vergangenheit.
Das Leben, das Vertrauen und manchmal den Übermut in ihren Augen zu sehen und erfahren zu dürfen, dass sie bei der Arbeit genauso zufrieden ist wie beim toben auf der Koppel, ist in meinen Augen ein wunderbares Geschenk.

Ginny das hast du toll geschrieben!!

Zitat von Flamenco im Beitrag #16

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Beim Lesen des ersten Beitrages hatte ich auch zunächst den Gedanken: dann mach doch ein Geländepferd draus! Gymnastizieren kann man auch da. Und viele verschiedene Sachen machen, wie z.B. Reiterralleys, Wanderritte. Working Equitation könnte auch gut sein, wenn es dazu dient, den Druck von dir zu nehmen. Eine Freundin von mir hat auch lange dressurlich mit ihrem Pferd gehadert. Dann hat sie mit der WE angefangen. Im Trail und an den Rindern ist ihr Wallach einfach der Kracher - weil sie sich nicht so sehr auf ihn fokussieren kann (Kopfmensch halt...) Und nun läuft es auch in der Dressur um Längen besser.

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Zitat von Ginny im Beitrag #18

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Alles in allem, ich möchte keines meiner Pferde missen - mit all ihren Eigenheiten, besonders nicht mein kleines eigensinniges Mädchen. Und jedes Schnobbern zur Begrüßung, jedes abschnauben bei der Arbeit, jede gelungene Übung auf dem Platz und jeder losgelassene Ausritt rechtfertigen in meinen Augen jedes nachdenken meinerseits in der Vergangenheit.
Das Leben, das Vertrauen und manchmal den Übermut in ihren Augen zu sehen und erfahren zu dürfen, dass sie bei der Arbeit genauso zufrieden ist wie beim toben auf der Koppel, ist in meinen Augen ein wunderbares Geschenk.

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Zitat von Cruzado im Beitrag #20

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[quote=Flamenco|p3354]Ich hatte mir durch dieses Thema Tipps erhofft wie man mit solchen Pferden umgeht. Bestimmte "Kopfübungen", Entspannungsübungen, Desensibilisieren oder nicht?!

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Und ich sehe es eben nicht so, dass immer nur der Reiter das Problem ist! Was ist mit Pferden die mal bei einem unpassenden Reiter waren und dort so ihre Erfahrunge gemacht haben?
Ich habe so ein Exemplar und der ist definitiv nicht einfach. Inzwischen ist es ein lieber braver Kerl, der nur noch beim Reiten jede Sekunde einmal nachfragt ob er sich auch WIRKLICH anstrengen muss?
Das ist unglaublich nervig, und hat def nix mit mir zu tun, sondern mit seiner Vergangenheit und Charakter. Der musste 15 Jahre lang nicht über den Rücken laufen und nun muss er auf einmal. Sieht er nicht ein. Körperlich kann er das inzwischen, aber er fragt immer und immer und immer wieder nach...

Früher hat er hingegen versucht den Reiter los zu werden. Egal was der Reiter getan hat. Sobald dem Herren etwas nicht passte, machte der Reiter nen Abflug oder kam in den Genuss von Jagdgalopp auf einem Araber im Viereck. Motorradfahren ist gar nichts gegen seine Schräglage in den Kurven gewesen...

Es gibt einfach Pferde die sind nicht einfach. Und daran ist nicht immer nur der Reiter schuld! Und auch ein besserer Reiter hilft da nicht immer.
Und wenn es gar nicht passt muss man sich entschieden ob man selbst auf gewisse Dinge verzichten kann, oder das Pferd lieber abgibt.

Ich meinte nicht den derzeitigen Reiter, da hast Du mich missverstanden. Aber auch bei deinem Wallach ist EIN Reiter die Ursache des Debakels. Insofern hatte mein RL recht. Es ist immer der der Reiter, wenn auch nicht DER Reiter.

Bei meinem Pferd war tatsächlich der Vorbesi schuld an der Misere, allerdings glaube ich auch, dass es einfach Pferde gibt, die vom Charakter her einfach keine Lust haben kooperativ mit dem Menschen mit zu arbeiten. Ich kannte so ein Shetty mal. Am Boden super nett, aber keck. Alle Reiter buckelte er konsequent runter und kündigte die Mitarbeit. Und der hat sein lebtag nix schlechtes unterm Reiter erlebt, wurde auch nur von sehr guten Mädels geritten die auch nie nur mal zu hart wurden, sondern eher immer übervorsichtig und nett mit ihm umgingen. Aber er wollte nicht. Von beginn an.

Ich glaube solche Pferde gibt es sehr selten, aber es gibt sie. Und diese würde ich persönlich nicht zum reiten zwingen wollen. Einfach weil es dann bisweilen zu gefährlich wird. :-)

Auch bei meinen Beiden ist es das Vorleben mit entweder erfolgsfixierten oder im anderen Fall völlig unsensiblen Menschen.
Die eine wurde als Sportgerät "miss"braucht, das schreib ich absichtlich so, denn es war Mißbrauch, wenn man sich sie, ihr Verhalten und die dick vernarbten Körperteile anschaut.

Bei der Kleinen hat man ne Serreta über die Nase gezogen und wenn sie anhalten sollte, zerrte man dran. Wenn sie gehen sollte, hat man ihr in die Rippen getreten. Das wurde dann wohl reiten genannt. Erst bei Gabi bekam sie die ersten Schritte Erziehung, was ein Pferd kennen und können sollte, da war sie aber schon 8/9 Jahre alt.

Hihi, Shettys sind eh was besonderes, nix stureres, wenn sie nicht wollen. Ich kenn auch einige, die bringen sich lieber um, als zu tun, was man ihnen sagt. Aber diese Ponys gehören m. E. in ne ganz andere Kategorie, auch wenn immer gesagt wird, Ponys sind nur kleinere Pferde - auf Shettys trifft das überhaupt nicht zu, da gibt es ganze schöne Teufelchen. Ich könnte mir vorstellen, weil sie sooooo süüüüüß sind, lässt man ihnen von Anfang an viel zu viel durchgehen und dann wundert man sich über die Teufeleien. Aber sicher bin ich mir bei Shettys nicht, ob das nur eine Frage der Konsequenz ist.

Und was Deinen letzten Satz betrifft:
Der trifft es genau - ich zwinge kein Pferd zu etwas. Damit erreicht man nichts. Druck erzeugt in solchen Fällen immer nur noch mehr Druck und das schaukelt sich gefährlich auf - für beide Seiten. Da sucht man - wenn man Interesse, Zeit oder das Bedürfnis danach hat und will - nach Alternativen.

Jeder kriegt das, was er gerade noch aushält und wenn nicht... dann auch dem Pferde zur Liebe müssen sich die Wege trennen, denn was dem einen ein Graus ist dem anderen Himmelreich.

Was ich habe das habe ich für mein Leben, es sei denn es gefährdet dieses vorsätzlich. Aber jeder hat eben andere Empfindlichkeiten und einen anderen ANspruch an sein Hobby. FÜr die einen müssen sie eben nur funktionieren, die anderen wiederum sehen schwierige, gar unkooperative Pferde als Anreiz.
Ich persönlich gehöre nicht dazu! Mich nervt das ab und ich sehe auch nicht sooo den Lerneffekt, weil es mich eher behindern würde , als das ich mich weter entwickeln kann.

Aber jeder so wie er es braucht!

LG

Wirklich ein spannendes Thema!

Grundsätzlich bin ich auch der Ansicht, dass man versuchen sollte, so fein wie möglich zu arbeiten, ich shee aber auch die Absicht des oben beschriebenen Ausbilders bei dem Lehrgang, der meint, man solle so ein Pferd desensibilisieren, indem man einfach mal "macht".
Mmmhhh... meiner Erfahrung nach ist es so, dass solche intelligenten , hochsenisblen Pferde nicht weniger sensibel oder intelligent werden, wenn man einfach macht, sondern dass sie ihren Kummer über ihre Unverstandenheit in sich hineinfressen- oder sich ausleben, je nach Typ. Grundsätzlich muß man das Pferd nicht in Watte packen, jeden Reiz fernhalten ist auch nicht der Weg.
Ich persönlich stelle immer wieder fest, dass ein sehr stabildes, fast schon starres äußeres Korsett von täglichen Abläufen, zB aus der Box holen, putzen, den immer gleichen Weg zum PLatz gehen.. diesen Pferden viel sicherheit gibt, in der sich dann der Geist voll entfalten kann. Je penibler man also auf Routine achtet, desto mehr kann der Geist sich konstrultiv mit dem Thema Arbeit beschäftigen - ao ähnlich, wie der Umgang mit einem Kind mit einer Hochbegabung.
Was die Inhalte der Arbeit angeht: auch wenn das Vermögen da ist, muß man auf absolute Perfektion schon in den Basics achten. Das Pferd kann sich dann darin ausleben. Wenn man zu schnell zu viel "anbieten" läßt, endet das regelmäßig im Chaos. Und dann ist die Frage, wie viel der Mensch davon wieder in die richtige Bahn lenken kann.
Erfahrungsgemäß ist es so, dass diese Pferde Dinge in Bewegung wegkompensieren können, die ihnen nicht gut tun. Das hat mitunter langwierige Veletzungen als Folge.

LG,

Steffi

Sei dankbar das Du ein Pferd hast das Dir den Spiegel vor Dein Gesicht hält. Viele Pferde tun das nicht.
Deine Stute ist nicht nur sensible sie ist auch extrem intelligent.
Wenn ich mir Deine Geschichte durchlese dann sehe ich sehr viel Gemeinsamkeiten mit meiner Stute.
Ein sehr feines Wesen, Unsicherheit gepaart mit Dominanz. Sie ist mein Seelenpferd, am Anfang habe ich mit ihr gekämpft, dann habe ich diskutiert und nun arbeiten wir zusammen als Team und das hat fast 4 Jahre gedauert. Gekauft habe ich sie vor 6 jahren.
Samona sagt mir sehr klar was geht und was nicht. Auf Druck reagiert sie sofort mit Halt, Stop, so nicht.
Sie verzeiht aber auch.

Ich bin kein besonders geduldiger Mensch, wollte immer viel zu viel und viel zu schnell. Ich habe in mühsamen kleinen Schritten gelernt in mein Tier hineinzuhorchen, zu verstehen, Respekt zu haben und ihre Baustellen zu akzeptieren.

Du schreibst das sie im Stand schwer zu arbeiten ist, das war bei meiner Stute genauso. Sie konnte keine 2 Minuten still stehen.
Erst seit ich nach der klassisch akademischen Reitweise arbeite klappt es.
Hast Du mal versucht das sie im Stehen ihren Kopf durch leichte Impulse am Kappzaum nach unten fallen lässt ? Man lernt es den Pferden am Besten wenn man ihnen den Weg nach unten mit Leckerlies zeigt. Macht sie es, Lob sie über alle gebühren.
Du kannst diese Übung auch im Schritt machen, sie soll sich fallen lassen, fängt sie an zu kauen und zu schmatzen ist sie entspannt. Dannach wiederholst Du die Übung wieder im Stand.
Klappt das dann kannst Du sie ganze behutsam nach links und dann nach rechts biegen, dabei aufpassen das sie sich nicht verwirft. Sobald sie blockiert lass es, liebe weniger als zu viel. Wichtig ist ..viel und ausgiebig loben.


Du bist auf einem guten Weg, mach so weiter, viel Glück

@ samona:*Kicher* noch 'ne Akademikerin, scheint solchen Pferden gut zu tun.

Zitat von Barockfan im Beitrag #27

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Mmmhhh... meiner Erfahrung nach ist es so, dass solche intelligenten , hochsenisblen Pferde nicht weniger sensibel oder intelligent werden, wenn man einfach macht, sondern dass sie ihren Kummer über ihre Unverstandenheit in sich hineinfressen- oder sich ausleben, je nach Typ.
LG,

Steffi

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Ich finde das Thema auch spannend. Vor allem, weil soviel unterschiedliche Ansichten herrschen. Vllt sollte man da ein neues Thema erstellen.
Grundsätzlich ist es doch so - immer den professionellen Pferdemarkt vor Augen - denn die wenigsten haben das Glück, dass sie von guten Menschen, Freunden oder guten Bekannten ein Tier erhalten können:
Der Mensch sucht sich ein Tier aus und will, dass es seinen Erwartungen entspricht. Und da fängt es schon an. Wir suchen nach einer bestimmten Rasse, einem Talent oder schlicht nach der Optik aus.

Nach der Rasse:
Menschen haben einen Standard erstellt über eine bestimmte Rasse, da sind auch die grundsätzlichen Charaktere aufgeführt.
Was wir aber nicht berücksichtigen, innerhalb der Rasseeigenschaften sind die Tiere Individuen, mit unterschiedlichen Charakteren. Wie wir Menschen auch. Keiner würde sich seinen Ehepartner deswegen aussuchen, weil er Bayer oder Niedersachse ist und denen eben gewisse Charaktereigenschaften zugeschrieben werden. Beim Tier tun wir es, obwohl auch diese Bindung an die 30 Jahre und somit genauso lang oder sogar länger als viele Ehen sein kann.

Nach Talent:
Wir suchen ein Spring-, Dressur-, Gelände-, Freizeitpferd. Das von uns gewünschte Talent wird in den Vordergrund gerückt und vom Verkäufer (Mensch) dementsprechend priorisiert.

Die Optik schenk ich mir jetzt mal.......

Was ist die Krux dabei?
Menschen nehmen sich das Recht heraus, alles in Kategorien einzuteilen. Vergessen aber oft, oder ignorieren es mit Absicht, dass nicht nur wir Idividuen sind, sondern jedes Tier ebenso. Letztlich sind wir alle Säugetiere, auch wenn wir Menschen uns für die Krone der Schöpfung halten.
Dass es innerhalb der vom Mensch gesetzten Kategorisierung eben verschiedene Charaktere gibt, die wiederum im Laufe ihres Lebens mit den verschiedensten Charakteren unserer Spezies zu tun haben, was dann den Charakter des Tieres positiv oder negativ beeinflußt, dass wird weitgehend ignoriert.

Wenn ich jetzt also losziehe und ein Pferd kaufen möchte, dann werde ich in den meisten Fällen - beim Händler, Züchter, Internet, Auktion nach der gewünschten Rasse, dem Alter, dem Geschlecht gefragt, der Eignung, der Linie, der Farbe, evtl auch noch danach, wie gut ich reite, aber wer macht sich die Mühe, mich nach meinen Charaktereigenschaften zu befragen? Mal davon abgesehen, dass dann auch kaum die Wahrheit rauskäme. Und welcher Verkäufer macht sich die Mühe, das Pferd, welches verkauft werden soll, charakterlich zu analysieren und dann auch noch die Wahrheit zu sagen?
Meist wird geschönt: Das hat er/sie ja noch nie gemacht, oft auch dreist gelogen oder sogar mit Drogen nachgeholfen, damit eine vierbeinige Zeitbombe ganz brav den Proberitt absolviert.

Und bis wir als Käufer, der dem Verkäufer glaubt was er sagt, herausfinden, dass das Pferd eigentlich so garnicht zu mir und meinem Charakter passt, ist es viel zu spät, denn dann hat man es seit einiger Zeit bei sich zuhause. Mancher handelt verantwortlich und versucht dann ganz genau den Typ Mensch, der sich für das Pferd eignet, zu finden. Leider kann man aber auch da niemandem IN den Kopfe oder das Herz schauen. Und es hat auch nicht jeder die Möglichkeit, solch einen "Fehlkauf" so lange zu behalten, bis sich der richtige Mensch findet.

Und deswegen gibt es so viele unglückliche, frustrierte, manchmal sogar gefährliche Tiere. Es läuft immer wieder alles auf den Menschen und seine manipulative, herrische und rechthaberische Art hinaus. Darunter leiden viele Tiere und auch viele Menschen. Es wundert mich eigentlich, dass es auch auf dem professionellen Pferdemarkt nicht noch mehr Opfer gibt und wundersamer Weise auch immer mal wieder glückliche Besitzer von glücklichen Tieren daraus hervorgehen.

Eh mich einer fragt, ob ich neben Klugscheisserei auch die Lösung hab - nein, leider hab ich die nicht. Und ich meine auch niemanden hier aus dem Forum, aber wenn man sich das vor Augen hält, evtl nutzt es ja dem einen oder anderen Tier, dass eben nicht funktioniert, wie es erwünscht ist. Das Biest ist immer am anderen Ende der Leine, denn das Biest ist der Mensch an sich.